Organisation der Tagung:
Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner,
Prof. Dr. Johannes Kollmann,
Prof. Dr. Julia Pongratz
Redaktion: Dr. Claudia Deigele, Forum Ökologie
Rundgespräch am 20. April 2023 in München
2024. [Deutsch] – 144 Seiten, 71 Farb- und 2 Schwarzweißabbildungen, 5 Tabellen
24 x 17 cm. Paperback
Reihe: Rundgespräche Forum Ökologie
25,00 €
zzgl. Versandkosten / Versandkostenfrei in D
Organisation der Tagung:
Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner,
Prof. Dr. Johannes Kollmann,
Prof. Dr. Julia Pongratz
Redaktion: Dr. Claudia Deigele, Forum Ökologie
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Vorwort 5
Begrüßung durch den stellv. Vorsitzenden des Forums Ökologie 7
Johannes Kollmann, Ingrid Kögel-Knabner und Julia Pongratz: Moore – Ökosystemfunktionen, Biodiversität und Renaturierung. Einführung in das Rundgespräch 9
Franziska Tanneberger: Verbreitung und Zustand der Moore weltweit, in Europa und in Deutschland 13
Diskussion 23
Klaus-Holger Knorr: Wasser- und Stoffhaushalt in Mooren – Bedeutung für Treibhausgasflüsse und Gewässerqualität 27
Diskussion 40
Johannes Kollmann und Katharina Strobl: Biodiversität und Ökosystemfunktionen von Mooren: Effizienzkontrolle der Moorrenaturierung 43
Diskussion 51
Alexander Loy: Biodiversität in Moorböden: Neue Mikroorganismen und kryptische Redoxprozesse im Schwefelkreislauf 53
Diskussion 63
Hans Joosten: Landwirtschaftliche Nutzung von Mooren 65
Diskussion 76
Stefan Müller-Kroehling: Moorwälder – forstwirtschaftliche Nutzung und Moorschutz 77
Diskussion 93
Thomas Litt: Verlandungsmoore als Archive zur Entschlüsselung der Vegetations- und Klimaentwicklung während des letzten Interglazials und des Holozäns 95
Diskussion 108
Matthias Drösler: Klimaschutz durch Moorschutz – Hintergrund und Handlungsmöglichkeiten 109
Diskussion 116
Jan Sliva: Renaturierung von Mooren im LIFE-Förderprogramm der EU für Umwelt, Naturschutz und Klimapolitik 117
Julia Pongratz: Resümee und Schlussworte 133
Schlagwortverzeichnis 135
Verzeichnis der Vortragenden und Diskussionsteilnehmer am Rundgespräch 141
Moore: Ökosystemfunktionen, Biodiversität und Renaturierung.
Einführung in das Rundgespräch
Johannes Kollmann, Ingrid Kögel-Knabner und Julia Pongratz
9-11, 1 Farbabbildung
Die Rundgespräche des Forums Ökologie konnten im April 2023 mit dem Thema „Moore: Ökosystemfunktionen, Biodiversität und Renaturierung“ fortgesetzt werden. Wir haben im Kollegium über ein Jahr dieses aktuelle Thema diskutiert und die wichtigsten wissenschaftlichen Herausforderungen zusammengestellt. Mit den Mooren haben wir eine besondere Chance, drei wesentliche Aspekte zu vereinen: Der erste Aspekt betrifft die wissenschaftliche Faszination und Begeisterung an schönen und rätselhaften Objekten, die zum Nachdenken anregen (Kollmann et al. 2023). Hierfür sind die Moore als einzigartige Ökosysteme ganz besonders geeignet. Der zweite Aspekt ist der Erkenntnisfortschritt, zum Beispiel durch neue Methoden der Modellierung oder der Arbeit auf molekularer Basis, die in dem Programm des Fachgesprächs bestens vertreten sind (z. B. Knorr 2024, Loy 2024 in diesem Band). Und schließlich beleuchten wir mit den Mooren einen Themenbereich, der eine hohe Relevanz für die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik hat, und zwar als Beitrag der Anpassung an den Klimawandel (vgl. Leifeld & Menichetti 2018, Humpenöder et al. 2020). Der vorliegende Tagungsband liefert zu jedem dieser Punkte wesentliche Anregungen.
Verbreitung und Zustand der Moore weltweit, in Europa und in Deutschland
Franziska Tanneberger
13-25, 8 Farbabbildungen
Das Global Peatlands Assessment (2022) bietet derzeit den besten Wissensstand zum Zustand der Moore, zu Besonderheiten, Treibhausgasemissionen und Wissenslücken; die für das Assessment erarbeitete Weltmoorkarte setzt sich aus über 200 Einzeldatensätzen zusammen. Weltweit sind Moore bedroht: Jedes Jahr verlieren wir weitere 500 000 ha, die dann nicht mehr CO2 aufnehmen und festlegen, sondern freisetzen. In Europa liegt der Anteil der degradierten Moore bei 25 %, in der EU sogar bei 50 %. Trotz des weltweit größten anteiligen Verlustes an natürlichen Mooren ist Europa immer noch ein Kontinent mit einer bedeutenden Moorvielfalt. In Deutschland nehmen Moore etwa 5 % der Landesfläche ein, jedoch sind über 90 % der Moorflächen entwässert. Die Treibhausgasemissionen aus den entwässerten Mooren in Deutschland liegen bei etwa 53 Mio. t CO2-Äquivalente pro Jahr, was etwa 7 % der Gesamtemissionen entspricht. Um das aus dem 1,5-Grad-Ziel abgeleitete Ziel Netto-CO2-Null bis 2050 zu erreichen, ist eine Wiedervernässung von 50 000 ha pro Jahr notwendig. Die Dimension dieser Transformation ist ähnlich zum Kohleausstieg. Deutschland wird weltweit als Land massiver Moorzerstörung, aber auch innovativer und weitsichtiger neuer Wege in der Restaurierung von Mooren gesehen.
Wasser- und Stoffhaushalt in Mooren – Bedeutung für Treibhausgasflüsse und Gewässerqualität
Klaus-Holger Knorr
27-42, 10 Farbabbildungen, 1 Tabelle
Moore zeichnen sich durch ihren ganz eigenen Wasser- und Stoffhaushalt aus. Je nach Moorgenese finden sich Nieder- und Hochmoore mit ihrer spezifischen Struktur und Hydrologie in der Landschaft. Hochmoore sind natürlicherweise sauer, nährstoffarm und regenwassergespeist. Der Chemismus und die Hydrologie von Niedermooren ist variabel, je nach Grundwasserbeschaffenheit und -konnektivität. Während Moore in natürlichem Zustand zu einer hydrologischen Selbstregulierung befähigt sind, geht diese Funktion durch Degradierung meist weitgehend verloren und die Renaturierung der Standorte ist erschwert. Die durch den Klimawandel verstärkte Trockenheit im Sommer verschärft diese Problematik. Bei der Renaturierung ist daher eine großräumige hydrologische Betrachtung angebracht und Wasserverluste müssen durch eine genaue Kenntnis der Hydrologie minimiert werden. Nur eine möglichst vollständig wiederhergestellte Wassersättigung führt zur Erhaltung der Kohlenstoffspeicherfunktion; unter idealen Bedingungen und günstiger Vegetationsentwicklung kann sogar wieder eine Kohlenstoffsenke entstehen. Erschwerend für die Renaturierung kommt hinzu, dass Nutzung und Degradierung oft eine Anreicherung von Nährstoffen im Oberboden dieser sonst nährstoffarmen Systeme bewirken. Die Anreicherung von Nähr- und Schadelementen in Mooren kann auch zu erhöhten Stoffausträgen bei der Wiedervernässung oder bei Regenereignissen führen, vor allem bei hydrologisch gut angebundenen Niedermooren an Gewässern.
Biodiversität und Ökosystemfunktionen von Mooren: Effizienzkontrolle der Moorrenaturierung
Johannes Kollmann und Katharina Strobl
43-52, 6 Farbabbildungen
Intakte Moore sind Senken für Treibhausgase und bieten vielen Arten Lebensraum. Die meisten mitteleuropäischen Moore sind jedoch durch Entwässerung, Torfabbau sowie intensive Land- und Forstwirtschaft degradiert; dies führt zu sinkendem Wasserspiegel, Treibhausgasemissionen und Habitatfragmentierung. Der Klimawandel beschleunigt diese negativen Prozesse, die aber durch Renaturierung vermindert werden können. Im Rahmen einer Effizienzkontrolle untersuchten wir Torfqualität, Bodenwasser, Vegetation, Flora und Fauna in 14 Gebirgsmooren in NO-Bayern, die in den Jahren 1998-2015 renaturiert worden waren. Die Renaturierung führte zu höheren Wasserständen, geringerer Torfzersetzung und Zunahme der Zielarten; in einigen Mooren und in größerer Entfernung zu den angestauten Gräben war der Wasserstand aber nicht hoch genug. Libellen, einschließlich spezialisierter Moorarten, profitierten schnell von der Wiedervernässung. Die Tagfalteranzahl stieg ebenfalls an, allerdings wurden eher Generalisten gefördert. Vögel reagierten kaum auf die nur kleinflächige Renaturierung. Die Studie zeigt, dass die Maßnahmen überwiegend erfolgreich waren. Nur auf wenigen Flächen sanken die Wasserstände wegen undichter Dämme, und es siedelten sich Gehölze an. Durch Renaturierung weiterer Moore könnten der Landschaftsverbund verbessert und Restpopulationen gestärkt werden. Künftige Projekte sollten eine Effizienzkontrolle einplanen, damit Defizite der Renaturierung rechtzeitig erkannt werden.
Biodiversität in Moorböden: Neue Mikroorganismen und kryptische Redoxprozesse im Schwefelkreislauf
Alexander Loy
53-64, 7 Farb- und 1 Schwarzweißabbildungen
Feuchtgebiete tragen etwa zu einem Drittel zur weltweiten Emission des Treibhausgases Methan bei und sind damit ein entscheidender Faktor für den Klimawandel. Bisherige Studien zur Biogeochemie und mikrobiellen Ökologie von Feuchtgebieten haben sich vorwiegend auf den Kohlenstoffkreislauf und die Mikroorganismen konzentriert, die direkt für die Methanproduktion und den Methanverbrauch verantwortlich sind. Allerdings sind die Kreisläufe anderer Elemente, wie Stickstoff, Eisen und Schwefel, eng mit dem Kohlenstoffkreislauf verbunden und beeinflussen den Abbau und die Mineralisierung von organischem Kohlenstoff. In diesem Beitrag wird anhand des Schwefelkreislaufs verdeutlicht, wie bislang kryptische oder verborgene Redoxprozesse die Methanproduktion in Feuchtgebieten erheblich unterdrücken können. Zudem werden an ausgewählten Beispielen neue Einblicke in die Vielfalt und Ökophysiologie der am Schwefelkreislauf beteiligten mikrobiellen Organismen gewährt.
Landwirtschaftliche Nutzung von Mooren
Hans Joosten
65-76, 11 Farbabbildung
Das Paris-Abkommen impliziert, dass alle entwässerte Moore wiederzuvernässen, d. h. als „neue nasse Wildnis“ zu entwickeln oder in eine nasse Nutzung („Paludikultur“) zu überführen sind. Paludikultur muss sich auf Felder richten, auf denen sie intrinsisch besser aufgestellt ist. Wasser- und Sumpfpflanzen sind viel größeren Kräften ausgesetzt als Landpflanzen. Weil außerdem ihre Wurzeln Sauerstoff brauchen, bilden sie starke, offene und damit leichte Gewebe, die sich hervorragend für die Herstellung klimafreundlicher Baumaterialien eignen. Solche Pflanzen verstärken ihr Gewebe mit Silizium und sie akkumulieren damit Seltene Erden, also wichtige Rohstoffe für Schlüsseltechnologien. Weil sie in besonderer Weise dem Angriff von Mikroben ausgesetzt sind, produzieren Wasser- und Sumpfpflanzen Bakterizide und Fungizide mit z. T. medizinischer Wirkung. Viele Paludi-Produktionslinien brauchen aber noch 10-15 Jahre praxisnaher Forschung und Entwicklung, die Wiedervernässung ermöglicht dagegen ein „carbon farming“ als sofort implementierbare Übergangsstrategie. Mit der Erteilung von Emissionsrechten könnten Landwirte wie bisher wirtschaften oder zu einem selbstgewählten Moment wiedervernässen und die Emissionsreduktion verkaufen. Dies gibt der Paludikultur Zeit sich zu entwickeln, während das Einkommen aus dem Kohlenstoffhandel bezogen wird. Im Jahr 2050 würden die Emissionsrechte abgeschafft werden und Landnutzer müssten (teure) Zertifikate für die verbleibenden Emissionen zukaufen. Durch solchen mittelfristigen Vertrauensschutz, der langfristig in die Anwendung des Verursacherprinzips übergeht, könnte ein fairer Ausgleich zwischen individuellen und gesellschaftlichen Interessen erreicht werden.
Moorwälder – forstwirtschaftliche Nutzung und Moorschutz
Stefan Müller-Kroehling
77-94, 7 Farbabbildungen, 1 Tabellen
Von Bäumen geprägte Lebensräume sind weltweit und in einer großen Vielfalt wichtige Bestandteile der Moor-Ökosysteme. Dennoch spielen Moorwälder in den Vorstellungen und Zielsystemen des klassischen Moorschutzes oftmals eine untergeordnete oder aber negativ belegte Rolle. Überall dort, wo der Moorwasserstand nicht dauerhaft höher als 10-15 cm unter Flur ansteht, können sich baumförmige Gehölze ansiedeln. Viele der bayerischen Moore waren daher auch bereits ursprünglich auf etwas höher gelegenen oder unmerklich hängigen Teilflächen mehr oder weniger mit Gehölzen bestockt. Da dort torfbildende Pflanzen wie Torfmoose, Wollgräser und Seggen wachsen können, handelt es sich um wachsende Moore. Der heutige Anteil von etwa einem Drittel bewaldeter Moore entspricht dem bayerischen Bewaldungsanteil der Gesamtfläche. Die Moore unter Wald sind im Durchschnitt in einem besseren Erhaltungszustand als landwirtschaftlich genutzte Moore, was ihre Treibhausgasbilanz und den Erhalt des Torfkörpers angeht – auch ihre Biodiversitätsleistungen sind erheblich. Dennoch bedürfen sie meist einer Verbesserung ihrer hydrologischen Bedingungen, insbesondere durch den Verschluss von Gräben (Hochmoore) sowie durch die Wieder-Anhebung des Grundwasserspiegels (Niedermoore). Die forstliche Nutzung vernässter Moore erfordert eine an Nassbewirtschaftung angepasste Bestockung, Erschließung und Ernteverfahren. Hier sind vielfach erhebliche Investitionen und Waldumbaumaßnahmen notwendig.
Verlandungsmoore als Archive zur Entschlüsselung der Vegetations- und Klimaentwicklung während des letzten Interglazials und des Holozäns
Thomas Litt
95-108, 12 Farbabbildung
Organische Ablagerungen, die sich über Jahrtausende hinweg am Grund von Seen akkumulieren und durch Verlandung zur Entstehung von Niedermooren führen (sog. Verlandungsmoore), sind als Archive hervorragend geeignet, die Vegetations-, Umwelt- und Klimageschichte zu dokumentieren. Pflanzliche Mikro- und Makroreste wie Blütenstaub, Früchte und Samen werden in den Sedimenten eingebettet und durch die weitgehende Abwesenheit von Luftsauerstoff konserviert. Dies betrifft nicht nur Ablagerungen aus nacheiszeitlichen Seen der letzten ca. 12 000 Jahre, sondern auch fossile See- und Moorablagerungen aus der letzten Warmzeit vor ca. 125 000 Jahren (Eem-Interglazial). Statistische Methoden ermöglichen die Rekonstruktion der Vegetationsentwicklung, und über botanisch-klimatologische Transferfunktionen lassen sich sogar Parameter des bodennahen Klimazustands wie Temperatur sowie Niederschlag ableiten. Somit können Vergleiche gezogen werden zwischen dem letzten Interglazial, das nicht durch anthropogene Beeinflussung gekennzeichnet war, und der nacheiszeitlichen Warmzeit (Holozän), in der der Mensch durch Ackerbau und Viehzucht bereits seit Jahrtausenden auf die Umwelt einwirkt.
Klimaschutz durch Moorschutz – Hintergrund und Handlungsmöglichkeiten
Matthias Drösler
109-116, 4 Farb- und 1 Schwarzweißabbildungen
Moore sind die größten terrestrischen Kohlenstoffstoffspeicher. In naturnahem Zustand sind sie klimaneutral. Bei Entwässerung stellen sie aber die größten Quellen für klimarelevante Spurengase dar mit Mittelwerten von jährlich über 40 t CO2 eq/ha bei Ackernutzung. Entscheidend für die Bilanz der Spurengase ist der Wasserstand: Das Optimum liegt bei ca. 10 cm Mittelwasserstand unter Flur, denn hier wird CO2 aufgenommen, das gebildete CH4 aufoxidiert und die N2O-Emission ist vernachlässigbar. Aufgrund des Anteils von 95 % entwässerter Moorflächen beträgt die aktuelle jährliche Emissionsbilanz der Moore in Bayern 6,7 Mio. t CO2-eq. Bayern hat 2008 im Rahmen des KliP2020/2050 ein klimaschutzorientiertes Moorrenaturierungsprogramm gestartet, das vom Peatland Science Centre (PSC) hinsichtlich der Klimaschutzleistung evaluiert wird. Um aber in die große Fläche zu kommen (Moorfläche Bayerns: 226 000 ha), sind neben der Renaturierung insbesondere Lösungen für Nassbewirtschaftung und Paludikultur erforderlich. Hier zeigen unsere aktuellsten Forschungsergebnisse, dass Paludikulturen bei optimiertem Wasserstand jährlich bis zu 13 t CO2-eq/ha aufnehmen können, also eine Landnutzung mit Senkenleistung darstellen. In einem optimalen Landnutzungsszenario für Bayern könnten die Gesamt-Moorflächen zu einer leichten Senke werden (–0.5 Mio. t CO2-eq/Jahr) und damit einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Erfolgskontrolle der erreichten Einsparungsleistungen wird vom PSC durchgeführt.
Renaturierung von Mooren im LIFE-Förderprogramm der EU für Umwelt, Naturschutz und Klimapolitik
Jan Sliva
117-132, 5 Farbabbildungen, 3 Tabellen
Seit 1992 wurden europaweit mehr als 360 Projekte zur Wiederherstellung von Moorgebieten mithilfe des LIFE-Programms der EU durchgeführt, deren inhaltliche Breite und Ziele in diesem Beitrag exemplarisch vorgestellt werden. Neben den direkten Naturschutzzielen verfolgen viele Projekte auch die Entwicklung und Erprobung neuer Methoden, um die Wirkung und Nachhaltigkeit von Renaturierungsmaßnahmen zu erhöhen. Eine enge Zusammenarbeit der Projektteams mit wissenschaftlichen Einrichtungen erweist sich dabei nicht nur als vorteilhaft, sondern oft auch als notwendig. Auch wenn die meisten LIFE-Projekte mittelfristig eine positive Wirkung auf den Erhaltungszustand der degradierten Moore auf lokaler oder regionaler Ebene zeigen, ist die räumliche Ausdehnung der Maßnahmen bisher noch zu gering, um einen signifikanten Effekt auf die Verbesserung der degradierten europäischen Moore insgesamt zu bewirken. Daher sind ein Paradigmenwechsel und eine massive Ausweitung der Renaturierung von Moorlandschaften unter Berücksichtigung ihrer Wassereinzugsgebiete erforderlich. Neben einer nachhaltigen Finanzierung ist dabei die Suche nach einem Konsens zwischen den Akteuren und Interessenten ein entscheidender Schlüsselfaktor für die Erreichung der ehrgeizigen Ziele. LIFE-Projekte können durch die Einbeziehung aller wichtigen Interessengruppen wesentlich zu dieser notwendigen Ausweitung beitragen.
Resümee und Schlussworte
Julia Pongratz
133-134
Zunächst darf ich mich für die große Vielfalt an wunderbaren Vorträgen bedanken. Es ging hier vor allem um Deutschland, aber die Herausforderungen, was die Degradierung von Mooren angeht oder die Frage, wie wir künftig mit Mooren umgehen werden, sind von globaler Relevanz. Insofern finde ich es sehr schön, dass wir zu Beginn der Veranstaltung mit Franziska Tannebergers Vortrag von anderen Klimazonen und am Ende mit Jan Slivas Vortrag von anderen europäischen Ländern und den dortigen Renaturierungsprojekten gehört haben. Auch Hans Joosten hat das eindrucksvolle Beispiel von Indonesien vorgestellt, mit den hohen Emissionen auf entwässerten Mooren, zu denen noch die gewaltigen Brände dazukamen. Dies ist auch eine wiederkehrende Diskussion, vor der wir stehen, wenn wir im Global Carbon Project unsere jährlichen Kohlenstoffbudgets publizieren. Wenn die Landnutzungsemissionen plötzlich global um ein Drittel höher lagen als sonst, dann war das eben kein Datenfehler, sondern das Ergebnis eines heißen Jahres, in dem viele Bränden auf einen katastrophalen Zustand der Moore in Indonesien treffen, wodurch wesentlich mehr CO2 in die Luft entlassen wurde als sonst.
Intakte Moore erfüllen wesentliche Ökosystemfunktionen. Sie dienen als Senke für Treibhausgase, puffern den Wasserhaushalt ganzer Landschaften, bieten Lebensraum für spezialisierte Arten und fungieren als Geoarchive. Die meisten mitteleuropäischen Moore wurden allerdings durch Entwässerung, Torfabbau sowie intensive Land- und Forstwirtschaft degradiert oder zerstört. Dies führt zu sinkenden Wasserspiegeln, steigenden Treibhausgasemissionen, Habitatfragmentierung und Biodiversitätsverlusten. Der Klimawandel beschleunigt diese negativen Entwicklungen, die nur durch angepasste Landnutzung und Renaturierung kompensiert oder zumindest vermindert werden können. Damit kann ein Beitrag geleistet werden zu den dringend erforderlichen ‚naturbasierten Lösungen‘ für die aktuellen Herausforderungen unserer Umwelt.
In dem vorliegenden Band werden Verbreitung, Ökologie, Biodiversität, Nutzung und Renaturierung von Mooren aufgezeigt, neue Forschungsergebnisse vorgestellt und Perspektiven zum Schutz von Mooren, ihrer Renaturierung und, wo erforderlich, einer nachhaltigen Nutzung aufgezeigt.
Der Band enthält die überarbeiteten Vorträge und Diskussionen der Fachtagung „Moore: Ökosystemfunktionen, Biodiversität und Renaturierung“ im April 2023. Der Dank des Forums Ökologie gilt allen, die zum Gelingen des Buches beigetragen haben, insbesondere den Vortragenden des damaligen Rundgesprächs, der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Forums, Frau Dr. Claudia Deigele, für die umfassende und umsichtige Unterstützung der Autorinnen und Autoren bei der Erstellung ihrer Beiträge und für die umfangreichen Redaktionsarbeiten und Herrn Dr. Maximilian Scheungrab für die fachkundige Betreuung des Bandes im Verlag Dr. Friedrich Pfeil.
München, im Januar 2024
Johannes Kollmann
Beck, Andreas, PD Dr., Botanische Staatssammlung München (SNSB-BSM), Menzinger Straße 67, 80638 München.
* Drösler, Matthias, Prof. Dr., Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Institut für Ökologie und Landschaft und Peatland Science Centre – PSC, Am Hofgarten 1, 85354 Freising.
Feichtinger, Veronika, Regierung von Oberbayern, SG 51: Naturschutz, Maximilianstraße 39, 80538 München.
Gebauer, Gerhard, Prof. Dr., Universität Bayreuth, Labor für Isotopen-Biogeochemie, BayCEER, 95440 Bayreuth.
Grill, Erwin, Prof. Dr., Bayerische Akademie der Wissenschaften, Forum Ökologie, Alfons-Goppel-Straße 11, 80539 München.
Haier, Bianca, Dr., Gymnasium Ismaning, Seidl-Kreuz-Weg 11, 85737 Ismaning.
* Joosten, Hans, Prof. Dr. Dr. h.c., Institut für Botanik und Landschaftsökologie, Universität Greifswald, Partner im Greifswald Moor Centrum (GMC), Soldmannstraße 15, 17487 Greifswald.
Kapfer, Alois, Dr., Ingenieurbüro für Landschaftsplanung und Landentwicklung Dr. Kapfer, Emminger Straße 74, 78532 Tuttlingen.
* Knorr, Klaus-Holger, Prof. Dr., Universität Münster, Institut für Landschaftsökologie, Heisenbergstraße 2, 48149 Münster.
Kögel-Knabner, Ingrid, Prof. Dr., Technische Universität München, TUM School of Life Sciences, Lehrstuhl für Bodenkunde, Emil-Ramann-Straße 2, 85354 Freising.
* Kollmann, Johannes, Technische Universität München, TUM School of Life Sciences, Lehrstuhl für Renaturierungsökologie, Emil-Ramann-Straße 6, 85354 Freising.
* Litt, Thomas, Prof. Dr., Universität Bonn, Institut für Geowissenschaften, Abteilung Paläontologie, Nussallee 8, 53115 Bonn.
* Loy, Alexander, Prof. Dr., Universität Wien, Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften, Division für Mikrobielle Ökologie, Djerassiplatz 1, 1030 Wien, Österreich.
Matern, Mine, Prof. Dr., Sachverständige für Lebensmittel, München.
Mosandl, Reinhard, Prof. Dr., Stiftung Karl Gayer Institut für Waldbau, Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 2, 85354 Freising.
* Müller-Kroehling, Stefan, Dr., Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF, Abt. Biodiversität, Naturschutz, Jagd), Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1, 85354 Freising.
Peiffer, Stefan, Prof. Dr., Universität Bayreuth, Lehrstuhl für Hydrologie, 95440 Bayreuth.
Pongratz, Julia, Prof. Dr., Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl für Physische Geographie und Landnutzungssysteme, Luisenstraße 37, 80333 München.
Reddemann, Joachim, Dr., Bayerische Akademie für Jagd und Natur, Hertzstraße 7, 83527 Haag in Obb.
Renner, Susanne S., Prof. Dr., Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats des Forums Ökologie, St. Louis, USA.
* Sliva, Jan, Dr., ELMEN-EEIG – Particip GmbH, Aichaer Straße 22, 94538 Fürstenstein.
Stetter, Karl O., Prof. Dr., München.
* Tanneberger, Franziska, PD Dr., Universität Greifswald, Partner im Greifswald Moor Centrum, Institut für Botanik und Landschaftsökologie, Soldmannstraße 15, 17487 Greifswald.
Winterholler, Michael, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Referat K24 – Klimaneutralität in Staatsverwaltung und Kommunen, natürliche Kohlenstoffspeicher, Rosenkavalierplatz 2, 81901 München.
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