GRÜTER, Werner
Leben im Meer
Wie es ist
wie es wurde
wie es werden kann
Zauber der Vielfalt und ihrer Zusammenhänge
2001. [Deutsch] - 287 Seiten, 333 Farb- und 1 SW-Abbildungen.
24,5 x 21,3 cm. Hardcover.
ISBN: 978-3-931516-95-6
Im Meer entstand das erste Leben, das auch zur Wurzel unserer Existenz wurde. Jahrmilliarden stammesgeschichtlicher Entwicklung bescherten uns eine zauberhafte Vielfalt an Formen, Farben, Lebensweisen und Verhaltensmustern, in die uns erst seit kurzem unmittelbare Einblicke möglich sind. Nirgendwo sonst ist gleichzeitig der Rückblick auf das Werden allen Lebens bis zu uns Menschen so augenfällig möglich.
In 13 Kapiteln mit 60 – ebenso anschaulich wie verständlich und munter geschriebenen, auch separat vergnüglich lesbaren – Steckbriefen werden zahlreiche erstaunliche Phänomene aus der Meeresfauna beschrieben, ohne dass der Leser unnötig mit fachlichen Details belastet wird.
Über 330 Unterwasser-Farbfotos des Autors veranschaulichen den Text. Mit der Frage nach den großen Zusammenhängen wird Neugier geweckt und befriedigt, wo die Wissenschaft den Schlüssel schon fand. So rundet sich ein faszinierendes Ganzes über die einzigartigen Verflechtungen von Meeresfauna, Evolution und ökologischen Systemen ab.
Kein bloßes Schaubuch, sondern ein Werk, bei dem Text und Bild im Gleichgewicht sind. Der Lesende wird zu den Bildern geführt und der Schauende wird zum Leser. Erlebnisberichte tun das ihre dazu. Selten wird Lernen zu solch ästhetischem Vergnügen.
Geleitwort 7
Vorwort 9
Prolog Das Meer – Die Brücke zu allem Leben 11
1 Vom Diktat des Wassers Das Element zwingt zur Anpassung 17
Probleme der Zuordnung und ihre Geschichte Pflanze oder Tier? 18
Über den Salzhaushalt von Meerestieren Warum schmecken Dorsch und Hummer nicht salzig? 22
Platz kann knapper sein als Nahrung Wohnungsnot am Meeresboden 25
Praktisches Mehrzweckinstrument mit seltsamer Vorgeschichte Die Schwimmblase der Fische 29
2 Von der Sinneswahrnehmung zur Sinngebung Licht – Farben – Sehen im Meer 33
Nur Bewegung schafft Bilder Mit Tieraugen gesehen 35
Die Entwicklung der Augen Die Urahnen unserer Augen leben noch 38
Komplexaugen schaffen Privilegien Tausend Augen für ein einziges Farbbild 43
Farben ohne Funktion Bunt und schön–aber sinnlos und falsch 47
Wenn Farben und Muster Aufträge bekommen Uniformen–grelle und dezente 51
3 Zwischen Gruseln und Bewunderung Verrufene Räuber in groß und klein 55
Ammen- und Glatthaie Friedfertige unter den Killern 57
Rochen Die platten Hai-Verwandten 60
Nachruf auf einen gemordeten Freund Wenn ein gezähmter Riese die Geduld verliert 65
Muränen und Schlangenaale Umwittert von Greuelmärchen 67
Eidechsenfische Große Räuber im Kleinformat 71
Feuerfische Die giftigen Pfauen des Meeres 74
Symbole versteckt lauernder Gefahr Steinfische und Konsorten 78
4 Von immerzu währender Teilung des Unsterblichen zur Erfindung von Lust und Tod Formen der Fortpflanzung 85
Geschlechtliches und Ungeschlechtliches Reproduktion im Meer 86
Abkehr von der Verschwendung Vom groben Zufall zur Begattung 90
Sex-Stories aus der Natur Geschlechtsverteilung und Zwittertum 94
Ein faszinierendes Kapitel Sozio-Biologie Geschlechts-Umkehr bei Fischen 98
5 Ein 600 Millionen Jahre altes Unternehmen Mammutbauten und ihre winzigen Schöpfer 103
Von Riffen und Korallen Die größten Bauten der Erde 105
Facharbeiter, Hilfskräfte und Baulücken Gestaltende Kräfte am Riff 110
Unsere becherförmigen Vorfahren? Steinkorallen näher betrachtet 112
Wandernde Korallenstöcke Die Seefedern 116
6 Paradies mit straffer Hausordnung Von der bunten Fischgemeinschaft am Riff 121
Die Familie der flinken Riffbarsche Das muntere Fußvolk im Reich der Korallen 124
Falter- und Kaiserfische Blickfänger am Riff und im Heim 126
Eigenständige Entwicklungen in Atlantik und Indo-Pazifik Ein kalter Vorhang trennt zwei Ozean-Welten 129
Kugel- und Igelfische Tödlich noch nach dem Tode 136
Soldatenfische Die Garde der Nachtschicht am Riff 138
7 Frühe Höchstleistungen der Evolution Oldtimer als Dauerbrenner 143
Bindeglieder zwischen Chaos und Organisation Die Schwämme 145
Borstenwürmer Schönheiten unter häßlichem Namen 150
Lebende Fossilien mit hochmoderner Technik Der Nautilus 155
Seescheiden Die unscheinbaren Vorfahren der Wirbeltiere 159
Spitzentechnik in mikroskopischer Dimension Die Waffen der Nesseltiere 162
8 Erstaunliche Leistungen und bemerkenswerte Wechselbeziehungen Absonderliches aus ökologischen Nischen 165
Hausbesetzer im Tierreich Einsiedlerkrebse 167
Anemonenfische Untermieter in der Räuberhöhle 170
Riesen und Winzlinge im Bund fürs Leben Mördermuscheln und ihre Partner 174
Eine Mördermuschel hält die Ankerkette Unverhoffte Ankerhilfe 178
Von Wohnungsbau und Textil-Produkten Spitzenpositionen der Spezialisierung 179
Einfallsreich im Umgang mit Zeitgenossen Krebse, die Gesellschaft suchen 182
Die Putzsymbiosen Dienstleistungen und Gaunereien 186
9 Systematik am Beispiel Stachelhäuter Ein Tierstamm stellt sich vor 191
Mit zartem Gefieder als Fangapparat Die Haar- und Federsterne 193
Symmetrie auf verschlungenen Pfaden Die Seewalzen oder Seegurken 196
Der Seestern mit dem schlechten Ruf Die Dornenkrone 200
Seeigel Unser Feind Nummer zwei im Meer 204
Fortpflanzung durch Selbstverstümmelung Emanzipierte Seesterne 208
10 Der Auslesedruck treibt Blüten Aus den Versuchslabors der Evolution 211
Schnepfenmesserfische Ein Leben im Kopfstand 212
Die Nase als Experimentierfeld der Natur Nasenmuränen 213
Ein Leben aufrecht im Sand Die Röhrenaale 216
Flossen zum Laufen – Kiemen als Antriebsdüsen Angler- oder Krötenfische 218
11 Kaum zu glauben, aber verwandt Von den Weichtieren und ihren Zaubereien 222
Für den Liebhaber kleiner Kostbarkeiten Meeres-Nacktschnecken 224
Die Sepien Niedere Tiere mit hoher Intelligenz 228
Kauri- und andere Porzellanschnecken Ein Stück Kulturgeschichte aus dem Meer 233
12 Den Regionalgesetzen der Hochsee unterworfen Heimatlose Wanderer 238
Zeugen vom Wandel in Form und Verhalten Die seltsamen Hammerhaie 240
Schirmquallen und ihre Trittbrettfahrer Hochsee-Nomaden ohne Ziel – aber mit Anhang 243
Die Stachelmakrelen Schnelle Truppen in Metallic-Uniformen 247
Per Anhalter durchs Leben Die Schiffshalter 251
13 Nur mit Wasser geht es nicht Pendler zwischen Meer und Land 254
Abhängig von drei Elementen Die (letzten?) Seeschildkröten 256
Die Schlammspringer Fische unterwegs zum Land 263
Säuger in Fischform – mit Hirnen wie Menschen Delphine 267
Epilog Das Meer und die Zukunft 271
Personen- und Sachverzeichnis 275
Fotonachweis 287
Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an das Leben. Immer neues Staunen, Bewunderung und Begeisterung machten es für mich zum faszinierendsten Thema. Da fesselt die grenzenlose Vielfalt der Erscheinungsformen, ebenso aber auch der fortwährende Wandel im Werden und Vergehen auf unserem Planeten.
Der Mensch ist mit seinem Bewußtsein und den herausragenden Kommunikationsmöglichkeiten als erstes Wesen fähig zur Reflexion über die Entwicklungen, die vom Anbeginn der Welt bis zu unserer eigenen Existenz führten. Ja, in bescheidenen Grenzen vermögen wir manche Wege künftiger Fortentwicklung zu erahnen und sogar zunehmend zu beeinflussen.
Seit es Kultur gibt, stand und steht unter vielen Künstlern, Literatur-Schaffenden und Philosophen oft der Tod im Zentrum des Schaffens, ganz zu schweigen von den Religionen. Das Geschenk des Lebens, die Voraussetzung fürs Sterben, wird hingegen nicht selten wie ein selbstverständlicher Anspruch behandelt. Ist indes nicht das Leben das eigentlich Wunderbare? Wie es entstand, sich entfaltet und ausgebreitet hat mit immer neuen Varianten, wie es sich in der Gegenwart darbietet und was über seine Zukunft vermutet werden darf. Es gibt nichts ähnlich gut Geeignetes wie das Meer, um sich den Wundern des Lebens, seiner Unendlichkeit durch fortlaufende Weitergabe, seiner Geschichte und den spannenden Zusammenhängen zu nähern. Im Ozean nahm alles seinen Anfang und sehr, sehr lange hat ausschließlich dort Leben existiert. Es wird aber ganz erlöschen, wenn in einer ebenso fernen Zukunft die Meere verdampfen, wie es die astronomische Wissenschaft prophezeit. Die Zukunft der Meere und damit allen Lebens hängt ebenso wie ihre Vergangenheit letztlich von der Sonne ab, deren Existenz ebenfalls Grenzen gesetzt sind.
Seit drei Jahrzehnten hat mir das Tauchen mit Preßluftgeräten zu ausgiebigem Anschauungsunterricht »vor Ort« in den Meeren rund um die Welt gedient. An zahlreichen Erlebnissen lasse ich den Leser teihaben.
Nur eine kleine Auswahl des dabei entstandenen fotografischen Dokumentationsmaterials konnte hier Berücksichtigung finden. Sie mag neben dem Illustrationswert auch ein wenig von der ästhetischen Schönheit vermitteln, an der die Natur so reich ist. Bis auf ganz wenige Ausnahmen machte ich die Aufnahmen unter Wasser, im natürlichen Lebensraum der Tiere.
Die Kapitel wurden so abgefaßt, daß sie auch einzeln für den Nachschlagenden lesbar und verständlich bleiben, sind aber dennoch als Bindeglieder eines großen Bogens konzipiert: Beispiele als Teile zum Verständnis der großen Zusammenhänge in der belebten Natur. Denn wohin auch immer wir den Blick richten: was wir sehen, weist stets über die Grenzen des Blickfeldes hinaus auf das im Grunde untrennbare Ganze des Belebten. Erst das menschliche Bemühen um Erforschung und Lehrbarkeit zwingt zum Klassifizieren und vermittelt dabei den irreführenden Eindruck selbständiger Teile. Die Zusammenhänge aber sind es, deren Kenntnis unerläßlich ist für jeden, der die Zeichen der Zeit zu erkennen bereit ist: Wir alle werden die naive Verantwortungslosigkeit gegenüber der Natur nur aufgeben können, wenn wir sie in ihren Grundzügen zu begreifen gelernt haben, gleichzeitig aber auch den Wert der ineinandergreifenden Teile erahnen können. Kaum etwas kann diesem Ziel besser dienen als ein vertieftes Wissen um das Leben im Meer.
Das Buch, das auf wissenschaftliche Fachterminologie weitgehend verzichtet, strebt keine Ähnlichkeit an mit den verdienstvollen und notwendigen Lehr- und Bestimmungsbüchern. Es will Staunen und Neugier fördern oder wecken und vorhandenes Grundwissen dem Interessierten vertiefen. So soll versucht werden, etwas von dem weiterzugeben, was ich selbst der Beschäftigung mit dem Leben im Meer zu verdanken habe.
Werner Grüter
Bad Wörishofen, im Oktober 2001
Dr. Werner GRÜTER ist Universitätsprofessor für Neurologie und Psychiatrie. Nebenberuflich widmet er sein Interesse seit Jahrzehnten der Meeresbiologie, nicht zuletzt mit dem Ziel, den Wundern der Evolution nachzuspüren. Er ist selbst Gerätetaucher und Unterwasser-Fotograf, was ihm direkte Einblicke »vor Ort« schuf und die Bild-Dokumentation dieses Bandes ermöglichte. Er will – und kann – mit seiner Begeisterung anstecken, zumal er es versteht, auch komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte in ebenso spannender wie verständlicher Schilderung zu vermitteln. Der Autor, Errichter einer Stiftung zur Förderung verständlich vermittelter Wissenschaft, leistet hier selbst Beispielhaftes.
1 Bewertung für Leben im Meer
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Susanne Leidenroth –
Leserkommentare
»Ein ganz tolles Buch, das so unheimlich viel bietet, dass man sich mehr davon wünscht. Ich bin am Naturkundemuseum Stuttgart beschäftigt und umgeben von Koryphäen in Biologie und Geo/Paläontologie, die alle so furchtbar viel wissen und es doch so furchtbar schlecht vermitteln können. So ein populärwissenschaftlicher Band ist da wirklich ein Lichtblick, der irre viel Spaß macht (“Leben im Meer” kann bei mir gerade sogar mit “Käpt’n Blaubär” konkurrieren – und das will was heißen!).
Bitte mehr solche Bücher und dickes Lob an Autor und Verlag.«
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