Kalkalpen-Geologie ist etwas höllisch Kompliziertes, über das sich selbst die Gelehrten immer noch uneins sind und vortrefflich streiten können. Das vorliegende Buch und sein Nachfolgeband erheben deswegen nicht den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit, weil das mit dem Konzept einer allgemeinverständlichen Publikationsreihe nicht stimmig wäre. Mit etwas längeren Übersichts-Kapiteln wird dem Leser zunächst eingangs die strukturelle und lithologische Vielfalt des Gebietes erläutert und dabei der Landschaft buchstäblich der “geologische Spiegel” vorgehalten, denn die heute sichtbare Morphologie ist immer ein Ergebnis der zugrundliegenden Geologie. Dass vor allem die Eiszeiten in jüngster erdgeschichtlicher Vergangenheit ein gewichtiges Wörtchen mitgesprochen haben, ist dabei unübersehbar!
Eines vorneweg – das Konzept dieses Bandes nimmt die Reihe der “Wanderungen in die Erdgeschichte” wortwörtlich: Alles muss aus eigener Kraft erwandert werden! Das Auto taugt nur, um zum Ausgangspunkt zu gelangen. Das hat den Sinn und Zweck, sich der Natur so herrlich unzeitgemäß ganz langsam, aber deswegen umso intensiver zu nähern. Dabei ist die Geologie am Wegesrand und mit Blick auf die Gegend rund um die Exkursionsroute vielfältig und wechselt zwischen Deckentektonik, Gesteinen, Fossilien, Ökologie einstiger Lebensräume sowie Eiszeitkunde hin und her: Sie nimmt Bezug auf das, was eben gerade zu sehen ist. Natürlich wird versucht, das Ganze in einem größeren Rahmen zu betrachten und den Blick “über den Tellerrand” zu wagen. Sei es auf einem gemütlich geologisch-kulturellen Spaziergang durch und rund um Berchtesgaden, auf den Aussichtsbergen von Kneifelspitze, Grünstein sowie der Archenkanzel, von der man einen der schönsten Blicke auf den Königssee hat. Oder sei es auf einer Wanderung von der Ramsau durch den Zauberwald zum Hintersee auf den Spuren eines katastrophalen Bergsturz-Ereignisses und eines rätselhaften, vermutlich uralten Konglomerats. Die einzige Fahrradtour ist den eiszeitlichen Einblicken zwischen der Berchtesgadener Oberau, dem Kehlstein und dem Königssee gewidmet. Eine Wanderung rund um die schmucke Kirche “Maria Gern” erzählt von strukturgeologischen Finessen am Südrand des Untersberg-Massivs. Und auch die Zeugen einstigen Lebens kommen nicht zu kurz: Gerade die Region nördlich von Berchtesgaden ist eine wahre Schatzkammer einer vielfältigen triassischen Ammonitenfauna – und am östlich darüber gelegenen Obersalzberg sowie am Rossfeld kann man eine beginnende Gebirgsbildung tatsächlich leibhaftig sehen. Den Abschluss – und gleichzeitig eine alpine Überleitung zum Folgeband 41 – bildet eine “almerische” Überschreitung des Lattengebirges, die Geologie und “Almkultur” gleichermaßen miteinander verknüpft.
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