Einführung
Mallorca - mehr als Strand- und Badeinsel
Jedes Jahr besuchen Millionen von Touristen die Strände Mallorcas. Von diesen kommen immer noch Tausende zu Ausflügen in die Gebirge der Insel, per Mietwagen, Bus, Velo oder auf Schusters Rappen. In der »winterlichen« Zwischensaison spielt der Individual- oder Kleingruppentourismus eine große Rolle. Auch dann sind die Gebirge willkommene Ausflugs-, Trainings- oder Wanderziele. Wer Mallorcas Gebirge näher kennen gelernt hat, ist zunächst tief beeindruckt von der alpinen Landschaft. Zwar ist das Tramuntana-Gebirge nur knapp 1450 Meter hoch, etwa so hoch wie der Schwarzwald, aber durch die verkarsteten Felswüsten aus Kalkstein, die Wucht dieser »steinernen Meere«, durch die sich die Straßen in endlosen Windungen schlängeln, ist es als Berglandschaft beeindruckend schön.
Wer möchte da nicht wissen, wie die Gebirge Mallorcas entstanden sind! Leider gibt es darüber bisher kaum etwas zu lesen, schon gar nicht etwas allgemein Verständliches. Dabei ist die Geschichte überaus spannend. Und Geologie, die Erforschung des keinesfalls toten Untergrundes, auf dem wir leben, ist gar nicht so kompliziert, wenn man einmal vom (vermeidbaren) Fachjargon absieht. Der wurde zunächst durch den Bergbau (z.B. Hangendes, Liegendes), dann durch griechische (z.B. Tektonik, Orogenese) und zuletzt angelsächsische Begriffe (z.B. »ocean spreading«) geprägt.
Bei einem unserer ersten Aufenthalte auf der Insel wurden wir mit Tausenden von »Leidensgenossen« durch die Aschewolke eines isländischen Vulkans ausgebremst, die den Flugverkehr zum Erliegen brachte. Plötzlich war Interesse an diesem geologischen Vorgang da. Die Natur machte einmal mehr in grandioser Weise auf die Grenzen unserer technokratisch gesteuerten Lebensweise aufmerksam. Wir leben nur auf der dünnen Außenhaut eines Feuerballs, der ständig mit ungeheuren Kräften diese Haut, unsere Lebenswelt, verändert. Wir können unsere Lebensvorgänge nur bis zu diesen Grenzen selbst steuern. Die geodynamischen Vorgänge, die uns erschrecken, wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunamis, folgen Gesetzmäßigkeiten, die durch ihre Produkte, die - keinesfalls ewigen - Gesteine dokumentiert sind. Daraus die Hintergründe, z.B. einer Gebirgsbildung auf Mallorca, abzulesen ist eine faszinierende Geschichte, in der jeder lesen kann.
Wir stellen im folgenden geologische Erscheinungen vor, auf die wir bei unseren Streifzügen durch die Insel selbst gestoßen sind. Viel mühseliger war es danach, schlecht zugängliche und erstaunlich unergiebige Fachdokumente zu finden und auszuwerten. Die ursprünglich zur eigenen Nutzung zusammengestellten Informationen können natürlich anderen Mallorca-Reisenden helfen, die geologische Geschichte der Insel zu erkunden.
Hierzu geben wir in dieser Einführung einen knappen Überblick über die geologisch-erdgeschichtliche Entwicklung Mallorcas. Zum besseren Verständnis der geodynamischen Vorgänge, die der Insel ihr heutiges Erscheinungsbild gegeben haben, folgt dann ein kurzer Abriss über die Phasen der Gebirgsbildung bei der Kollision der afrikanischen und der europäischen Kontinentplatten. Die Steckbriefe der Gesteinsschichten zeigen die Vielfalt der auf Mallorca anzutreffenden Gesteine. Mit dieser Ausrüstung kann es dann ins Gelände gehen.
Im Mittelpunkt unserer Befahrungen von Mallorca steht die Tektonik. Sie dokumentiert in beeindruckender Weise die ungeheuren Kräfte, die es schaffen, Ablagerungen des tiefen Meeres in große Höhen zu transportieren und kilometerdicke Gesteinspakete übereinander zu stapeln. Tektonik nennt man aber auch den Zweig in der Geologie, der sich mit der Analyse der Deformationsstrukturen des Gesteins befasst. »Aufgabe der Tektonik ist es, aus den Strukturen, Störungen, Deformationen die erzeugende Bewegung nach Bahn, Richtung, Zeit, Dauer und Ursache zu ermitteln.« (CLOOS, 1936)
Am Ende steht also keine unveränderlich-ewige Gesteinswelt, wie sie uns unsere kurze Lebensspanne erscheinen lässt, sondern eine Welt in Bewegung, die sich zwar langsam verändert (in der Größenordnung von Millimetern pro Jahr), aber im Laufe der geologischen Zeiträume von Millionen von Jahren Ozeane oder Gebirge entstehen und wieder vergehen lässt.
In kürzeren Zeitintervallen ist auch die Besiedlungsgeschichte der Balearen in Bewegung. Da wir auf drei Streifzügen die Ruinen megalithischer Siedlungen sowie auf einem weiteren die Reste einer Römischen Stadt besuchen, gehen wir auch kurz auf diese Abschnitte der mallorquinischen Geschichte ein.
Ein simples Problem, mit dem man in Mallorca mehr als einmal zu tun hat, ist die verdrehte Lage der im Prinzip viereckigen Insel, so dass die Küsten im Nordwesten, Nordosten, Südosten und Südwesten liegen. Trotzdem wird im Südwesten von der Südküste und im Nordwesten von der Sierra del Norte (Tramuntana) gesprochen. Auch die Llevant (eigentlich der Osten) liegt im Nordosten. Viel Spaß bei der Orientierung!
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