Steinzeit -
dem Nichtarchäologen vermittelt dieses Wort die Vorstellung von »grauer Vorzeit«, einer vermeintlich primitiven Epoche, in der rohe Gestalten mit schlechter Ausrüstung ihr Dasein fristeten.
Bei genauerer Betrachtung der vorgeschichtlichen Funde stellt man aber fest, dass die Vorgänger in unserem Land hochspezialisierte Überlebenskünstler waren, deren Leistungen uns heute kaum mehr bewusst sind. Es ist fast unvorstellbar, dass schon vor der letzten Vergletscherung unserer Heimat Menschen im Chiemgau und den benachbarten Talern von Salzach und Inn ihre Spuren hinterlassen haben: 30000 Jahre alte Waffen aus einer Höhle bei Kufstein, 40000 Jahre alte Steinwerkzeuge aus einer Höhle bei Hallein, und vor 47000 Jahren verwerteten Neandertaler bei Siegsdorf den Kadaver eines Höhlenlöwen. Glückliche Umstände haben diese Funde vor der zerstörerischen Kraft der Gletscher bewahrt und in die Hände der Wissenschaft gespielt.
Zahlreicher - aber deswegen nicht weniger faszinierend - sind die Funde aus der Jungsteinzeit. Aus ihnen lesen die Fachleute den Werdegang unserer Kultur ab. Sie können uns ein Bild vermitteln, das auf den ersten Blick kaum glaubhaft erscheint: Schon in der Steinzeit gab es Handelsrouten, die dem Warenaustausch Ober Hunderte von Kilometern hinweg dienten. Alles deutet darauf hin, dass die steinzeitlichen Gesellschaften Mitteleuropas über den Handel untereinander in Verbindung standen. Jeder neue Fund, und sei er noch so unscheinbar, verfeinert das Bild. Die Funde dokumentieren den Wandel in Kultur und Technik. Sie führen vor Augen, dass nichts außer einem stetigen Wechsel von ewiger Dauer ist. Das ist das Mindeste, was wir aus dieser Ausstellung lernen können. Vielleicht tragt diese Ausstellung über eine heute kaum mehr greifbare Wegstrecke der Geschichte zum besseren Verständnis unserer Kultur bei.
Diese Ausstellung zeigt eine Auswahl wichtiger, schon seit längerer Zeit bekannter Funde, die zusammen mit neuen, bisher nach nicht öffentlich ausgestellten Funden, in neuem Kontext erscheinen. Da ist der Dolch von Umrathshausen, hergestellt aus Feuerstein der Südalpen, wie ihn Ötzi bei sich trug. Und das Kupferbeil van Grabenstatt, das Ötzis Beil überraschend ähnlich ist, stellt die Verbindung her zu den Kupferlagerstatten des Inn- und Salzachtals. Schon diese beiden Fundstucke belegen, dass die Menschen der Jungsteinzeit eine hohe Mobilität besaßen und die Alpen für sie Wirtschaftsraum und kein Hindernis waren.
Ich wünsche mir, dass diese Ausstellung Katalysator sein möge für die Freunde der Archäologie, sich eingehender mit der Vorgeschichte zu befassen. Sie sollte aber auch ein Anreiz sein, für die Finder, Eigentümer und Besitzer von »Altertümern«, diesen öffentlichen Instituten zur Verfügung zu stellen. Nur so können ihre Schätze einer breiten Öffentlichkeit zuganglich gemacht werden und Ober das öffentliche Interesse an den Funden auch der Wissenschaft, insbesondere der Archäologie, geholfen werden.
Franz Maier
1. Bürgermeister
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