Wandern in den Lechtaler Alpen ist reiner Naturgenuss. Ob zu Fuß oder mit dem Mountainbike, überall gibt es viel zu bestaunen und zu erleben. Grandiose Bergpanoramen, die vielfältige Flora und Fauna und ein gut ausgebautes Wegenetz laden zu Wanderungen jeglichen Schwierigkeitsgrads ein. Und dann sind da noch die vielen einmaligen geologischen Aufschlüsse. In den steilen Felswänden erschließt sich der tektonische Baustil der Nördlichen Kalkalpen in einzigartiger Weise. Viele Schlüsselfragen zum geologischen Werdegang der kalkalpinen Landschaften lassen sich hier perfekt ansprechen. Die Region stand daher schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts im Fokus des Interesses der Fachwelt. Es gibt natürlich bereits einige Wanderführer und Tourenbeschreibungen aus dieser attraktiven Gebirgswelt. Hinzu kommen Abhandlungen zu Flora und Fauna sowie zur Almwirtschaft und über das Brauchtum. Was bisher aber fehlt, ist ein naturkundliches Gesamtwerk, in dem alle Aspekte vergleichend und zusammenhängend besprochen werden und das vom interessierten Bergwanderer bei seinen Touren als umfassende Informationsquelle genutzt werden kann.
Das vorliegende Buch, verfasst von einem Team von Fachleuten, basierend auf jahrelangen Recherchen und einschlägiger Berufserfahrung, strebt genau dies an. Der Erstautor, Rüdiger Henrich, ein emeritierter Geologie-Professor an der Universität Bremen, hat über Jahrzehnte mit seinen Studenten in der Region geforscht und an der amtlichen geologischen Landesaufnahme mitgewirkt. Seine Frau Claudia, gleichfalls Geologin, verfügt über fundierte botanische Fachkenntnisse. Sie ist daher prädestiniert, den Leser mit der vielfältigen, attraktiven alpinen Flora in der Region vertraut zu machen. Josef Walch, tief verwurzelt und aufgewachsen im Lechtal, ist heute als Leiter der Bezirksforstinspektion in Reutte tätig. Mit seiner Expertise zu Forst, Jagd und Almen sowie zu den wichtigsten wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in der Region vermittelt er tiefe Einblicke über wichtige Prozesse in der Natur und benennt klar das Gefahrenpotential durch Eingriffe des Menschen und den Klimawandel.
In den einführenden Kapiteln werden zu allen naturkundlichen Themenbereichen wichtige Einblicke und Grundlagen vermittelt. Zu Beginn werden die geologischen Landschaften beschrieben und die erdgeschichtliche Entwicklung des Gebietes analysiert. Der Leser erfährt, wie plattentektonische Prozesse die Region ausgehend von tropischen Korallenmeeren in ein sich stetig ausweitendes und vertiefendes Ozeanbecken umgewandelt haben und schließlich im Zuge der alpidischen Gebirgsbildung zu Auffaltung und erneuter Abtragung der aufgestiegenen Berge geführt haben. Im Folgekapitel wird der Zusammenhang zwischen geologischem Untergrund und heutigen Landschaftstypen erläutert. Anschließend wird das wichtigste Handwerkszeug zum Verständnis des Gebirgsaufbaus und seiner Umgestaltung in der Zeit vermittelt. Zahlreiche Graphiken und Schemazeichnungen erleichtern das Verständnis komplexer geologischer und tektonischer Zusammenhänge. Bei den Themen Jagd und Wild, Wald und Forstwirtschaft sowie Almbewirtschaftung werden nicht nur Fakten und Bilanzen angesprochen, sondern es wird auch ausführlich auf die wichtigsten Prozesse im Naturraum und das Gefährdungspotential durch Mensch und Klimawandel eingegangen. Dabei wird der Leser über den Fortschritt in der technischen Entwicklung in der Forst- und Landwirtschaft informiert.
Erklimmen wir jetzt auf Schusters Rappen die Gipfel der Region. 11 Wanderungen führen zu den faszinierenden geologischen und landschaftlichen Höhepunkten. Mittels der überwältigenden Rundumsicht unvergesslicher Bergpanoramen entsteht vor dem inneren Auge sehr schnell ein umfassendes dreidimensionales Bild der geologischen Verhältnisse und die gewaltige Dynamik bei der Auffaltung der Alpen wird plastisch vorstellbar. Zu jeder Wanderung gibt es eine geologische Karte, in der die Haltepunkte verzeichnet sind. Die geologischen Verhältnisse werden durch zahlreiche Fotos und erläuternde Schemaskizzen in gleichem Maßstab und Ausschnitt illustriert und begreifbar gemacht. Die Autoren wünschen sich, dass der Leser am Ende sagt „Jetzt erkenne und verstehe ich die Strukturen genau“. Sehr viel Platz wird der Illustration der alpinen Flora im Wandel der Jahreszeiten eingeräumt. Dabei fehlt natürlich auch das in Europa größte Frauenschuhgebiet in der Lechaue bei Vorderhornbach nicht, das in der ersten Wanderung besucht wird.
Die 11 Wanderungen sind:
Von Vorderhornbach ins Orchideenparadies der Lech-Aue um Martinau
Alpine Flora, Geologie und einmalige Ausblicke entlang des Lechtaler Höhenpanoramawegs vom Lachenkopf über die Jöchlspitze nach Bernhardseck
Von den bunten Bergwiesen und imposanten Schluchten im Bernhardstal zu den steil aufragenden Dolomit-Felsmassiven und Kar-Landschaften der Hornbachkette um die Hermann-von-Barth-Hütte
Steil und hoch hinauf – Von Elbingenalp über Kasermandl und Balschtesattel zur Söllner Rotwand
Auf dem Höhenbach-Schlucht- und Talweg zur Roßgumpenalpe – Geologie zum Anfassen
Von Bach hinauf auf die Wildebene am Fuß des Ruitelspitzmassivs
Von Gramais über den Gufelsee ins Steinbockrevier am Gufelseejöchl
Das Panorama der Saxeralm – Der Schlüssel zum Verständnis des geologischen Aufbaus der Lechtaler Alpen
Vom Parseiertal zu den Felsmassiven und Karlandschaften um die Memminger Hütte
Durch das Röttal hinauf zum Streichgampenjöchl
Durch das Grießltal über die Baumgartalm zum Fallenbacher See

Claudia Henrich, Jahrgang 1960, ist Diplomgeologin mit einer Spezialisierung in Petrographie und Gefügekunde metamorpher Gesteine. Sie hat ihre Diplomarbeit über ein Gebiet in den Gurktaler Alpen in Kärnten an der Technischen Hochschule in Darmstadt angefertigt. Später hat sie ihren Mann, Rüdiger Henrich, bei Geländeeinführungen von Diplomanden sowie bei nationalen und internationalen Exkursionen oft begleitet. Beide haben so manche unvergessliche Tour in den Lechtaler und Allgäuer Alpen unternommen, nicht zuletzt bei den Geländebegehungen für diesen Führer. Claudia hat sich schon immer sehr für Botanik interessiert und ihren diesbezüglichen Kenntnisstand stets erweitert. Alle Pflanzenbestimmungen in diesem Buch fundieren auf ihrem Wissen. Noch viel wichtiger für die Illustrationen in diesem Buch waren aber ihr zweites Hobby, die Fotografie, und ihr geschulter Blick für das Einfangen attraktiver Motive und Stimmungen.
Rüdiger Henrich, Jahrgang 1954, aufgewachsen im Lahn-Dill-Bergland, war schon immer von der Natur und den Bergen begeistert. Als während seines Geologie-Studiums an der Universität Marburg die Wahl eines Diplomarbeitsgebiets anstand, war sofort klar, dass es in den Alpen liegen sollte. Das Hochstaufen-Massiv in den Nördlichen Kalkalpen bei Reichenhall hat das Rennen gemacht. Auch in seiner Doktorarbeit über Wettersteinkalk-Karbonat-Plattformen blieb er den Alpen treu. Nach einer kurzen Phase als Assistent an der TH Darmstadt ergriff er die Gelegenheit, neue Berufsperspektiven aufzugreifen. Der Weg führte ihn in die moderne Meeresforschung an die Universitäten in Kiel und Bremen. 1993 nahm er den Ruf auf eine Professur für Sedimentologie und Paläozeanographie an der Universität Bremen an. Im Fokus der Forschung standen in den Sedimenten archivierte und klimatisch kontrollierte Land-Ozean-Prozesse. Diese wurden an der Küste, auf dem Schelf und dem Kontinentalhang vor Nordwestafrika und Südamerika untersucht. Zusätzlich hat Rüdiger Henrich weiterhin seiner Begeisterung für die Berge gefrönt. In Kooperation mit Kollegen der Geologischen Bundesanstalt in Wien wurden zusammen mit seinen Studenten die Grundlagen für eine Neuauflage der amtlichen geologischen Karten ÖK 145 Landeck und ÖK 114 Holzgau geschaffen. Die dabei gewonnenen vielfältigen Eindrücke der faszinierenden Landschaften in den Lechtaler Alpen und die unvergesslichen Naturerlebnisse waren die Hauptmotivation, dieses Buch zu verfassen. Rüdiger Henrich ist seit April 2019 im Ruhestand.
Fachlich kompetenter und im Lechtal stärker integriert geht es kaum. Josef Walch, Jahrgang 1959, ist in einer Großfamilie auf einem Bergbauernhof in Kaisers aufgewachsen und lebt seit 1987 in Häselgehr. Von Kindesbeinen an hat er in der elterlichen Landwirtschaft mitgeholfen und ist mit der mühevollen Arbeit auf dem Berg vertraut und tief in der Natur verwurzelt. Nach dem Besuch des Franziskaner-Gymnasiums in Hall in Tirol, dem Studium der Forstwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien und ein paar “Lehrjahren” in der Landesforstdirektion in Innsbruck ist er in seine Heimat zurückgekehrt. Heute ist er Leiter der Bezirksforstinspektion in Reutte und daher prädestiniert, in diesem Buch über Forst, Jagd und Almen zu berichten. Er fasst nicht nur die wesentlichen Fakten zusammen, sondern versteht es auch sehr gut, dem Leser wichtige Prozesse und Entwicklungen in der Natur zu verdeutlichen. Beruf und Hobby sind bei ihm eng miteinander verbunden. Seine Tätigkeit als Forstmann und seine große Begeisterung für Laufen, Bergwandern und Handwerken mit Holz bestimmen sein Leben im Lechtal.






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