Bayerische Akademie der Wissenschaften (Herausgeber)
Gebietsfremde Arten, die Ökologie und der Naturschutz
Rundgespräche der Kommission für Ökologie Bd. 22
Rundgespräch am 9. Oktober 2000 in München
2001. [Deutsch] - 148 Seiten, 14 Farb- und 18 SW-Abbildungen, 12 Tabellen.
24 x 17 cm. Paperback
ISBN: 978-3-931516-92-5
Gebietsfremde, mit oder ohne menschliches Zutun eingewanderte Tier- oder Pflanzenarten – sind sie willkommene Bereicherung oder gefährliche Konkurrenz für die einheimischen Arten? Aber wie ist dieses »einheimisch« eigentlich definiert? Was Manche für eine Bedrohung halten, wie z.B. den Riesenbärenklau, ist nach dem Naturschutzgesetz längst heimisch. Andererseits können durch die sog. Neozoen oder Neophyten immense wirtschaftliche Schäden entstehen, die es rechtzeitig abzuschätzen und zu verhindern gilt. Von den 12000 Gefäßpflanzen, die seit der Entdeckung Amerikas 1492 nach Mitteleuropa kamen, konnten sich nur 417 (3,5 %) dauerhaft etablieren und davon wiederum sind nur ca. 20 unerwünscht und werden spezifisch bekämpft. Was spielt sich im Ökosystem wirklich ab, wenn sich gebietsfremde Arten etablieren und ausbreiten? Lassen sich möglicher Erfolg oder wahrscheinliches Scheitern von Neophyten und Neozoen aufgrund der bisherigen Kenntnisse vorhersagen?
Aus der Fülle wissenschaftlicher Grundlagen und Modellen zur Frage nach der Einwanderung, Anpassung, Ausbreitung und dem Aussterben von Arten stellt der vorliegende Berichtband ausgewählte Beispiele vor. Zahlreiche, z.T. farbige Abbildungen veranschaulichen die Texte, die Diskussionen geben zusätzlichen Einblick in die aktuelle wissenschaftliche Meinungsvielfalt.
Organisation: Prof. Dr. Josef H. REICHHOLF
Referenten: Harald AUGE, Roland BRANDL, Wolfgang HABER, Karl HURLE, Ragnar KINZELBACH, Stefan KLOTZ, Ingo KOWARIK, Josef H. REICHHOLF, Thomas TITTITZER, Ludwig TREPL
Verzeichnis der Vortragenden und der Diskussionsteilnehmer am Rundgespräch 7
Vorwort 9
Begrüßung durch den Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heinrich NÖTH 11
Josef H. REICHHOLF: Einführung in das Rundgespräch 13
Ragnar KINZELBACH: Das Jahr 1492: Zeitenwende für Flora und Fauna? 15
Diskussion 27
Wolfgang HABER: Verhalten von Neophyten und Neozoen in für sie neuen Lebensräumen 29
Diskussion 40
Harald AUGE, Stefan KLOTZ, Daniel PRATI und Roland BRANDL: Die Dynamik von Pflanzeninvasionen: ein Spiegel grundlegender ökologischer und evolutionsbiologischer Prozesse 41
Diskussion 57
Thomas TITTIZER: Neozoen in mitteleuropäischen Gewässern 59
Diskussion 74
Karl HURLE: Heimisch und fremd in der Flora der Agrarlandschaft 75
Diskussion 80
Roland BRANDL, Stefan KLOTZ, Jutta STADLER und Harald AUGE: Nischen, Lebensgemeinschaften und biologische Invasionen 81
Diskussion 97
Tina HEGER und Ludwig TREPL: Was macht Arten »invasiv«? 99
Diskussion 109
Josef H. REICHHOLF: »Faunen«, »Floren« und gebietsfremde Arten: Biogeographische versus ökologische Betrachtung 111
Diskussion 121
Ingo KOWARIK und Uwe STARFINGER: Biologische Invasionen in Deutschland – eine Herausforderung zum Handeln? 123
Josef H. REICHHOLF: Einführung in die Abschlussdiskussion – »Wie viel Veränderung verträgt unsere Natur? Wie gefährlich oder willkommen sind die fremden Arten?« 135
Abschlussdiskussion: Wie viel Veränderung verträgt »unsere Natur«? – Können und dürfen wir in die Artendynamik eingreifen? – Gebietsfremde Arten und Biodiversität – Naturkatastrophe oder natürliches Experiment? – Besteht Handlungsbedarf? – Fazit 139
Ragnar KINZELBACH:
Das Jahr 1492: Zeitenwende für Flora und Fauna?
[S. 15-26]
Die Überschrift verdient ihr Fragezeichen. Denn Arealveränderungen von Tier- und Pflanzenarten sind so alt wie die Lebewesen selbst. Sie sind Teil der natürlichen Abläufe im Ökosystem. Sie sind Ergebnis der Wechselwirkung zwischen dem jeweils artspezifischen Ausbreitungspotenzial der Organismen und dem Vorhandensein zur Ansiedlung geeigneter Umweltbedingungen.
Ein Problem kommt erst auf mit dem Menschen, seiner wachsenden Bevölkerungszahl mit steigender Aktivität in allen Bereichen sowie seiner Eigenwahrnehmung. Er beeinflusst Existenz und Verbreitung von Tieren und Pflanzen.
– Seit der letzten (Würm-/Weichsel-)Eiszeit rottet er zunehmend regional oder global Organismen aus.
– Spätestens seit der Neolithischen Revolution (Übergang zu Ackerbau und Viehzucht) verhilft er bewusst oder ungewollt Tieren und Pflanzen zur Überwindung natürlicher Verbreitungshindernisse und zur Gründung neuer Populationen. Er begünstigt Opportunisten und die Arten seines eigenen Organismenkomplexes.
Die Bewertung dieser Vorgänge und ihrer Folgen ist eine Frage der philosophischen Grundeinstellung: Gilt der Mensch als Teil der Natur, so sind dies natürliche Ereignisse; der Mensch sollte nur direkte oder indirekte Schäden für die eigene Art vermeiden. Gilt der Mensch als Gegensatz zur Natur, als etwas Anderes, macht er sich „die Erde untertan“, so sucht er angesichts des angerichteten Scherbenhaufens relativ erfolglos nach „ethischen Normen“ für den Umgang mit den Veränderungen.
Die seit dem Neolithicum im Gefolge des Menschen nach Mitteleuropa eingeschleppten Pflanzen und Tiere bilden die Kategorie Archäophyten und Archäozoen. Mit dem symbolischen Jahr 1492 veränderte sich die Situation qualitativ und quantitativ. Das Zeitalter des interkontinentalen Handels begann und mit ihm das der Neophyten und Neozoen. Aus aller Welt gelangten mit Waren und Menschen Organismen nach Europa und von dort in den Rest der Welt. Technische Neuerungen im Verkehrs- und Transportwesen, heute der exponentiell steigende Welthandel, führten zwangsläufig zur Vermischung von vorher über Millionen von Jahren isoliert voneinander entwickelten Floren und Faunen. Neben dem Artensterben ist dies weltweit und nachhaltig die bedeutendste Veränderung der Biodiversität.
Beispiele für Umfang, Wege, Zeiten der „Neuen“ werden gegeben. Mit vielen der absichtlich eingebrachten Neo-Organismen verbanden sich – meist unerfüllte – Nutzungserwartungen. Andere sind potenziell gefährlich. Sie verursachen ökonomische, medizinische und tiermedizinische, schließlich ökologische Schäden. Zudem stellen sie ein psychosoziales Gefahrenpotenzial dar. Über diese Gefahrenpotenziale ist zu diskutieren und der angemessene Handlungsbedarf zu ermitteln.
Wolfgang HABER:
Verhalten von Neophyten und Neozoen in für sie neuen Lebensräumen
[S. 29-39]
Gebietsfremde Arten existieren außerhalb ihrer eigentlichen Lebensräume (Areale), haben also deren Grenzen überschritten. Diese beruhen selbst bei einer einzelnen Art auf unterschiedlichen ökologischen Kriterien. Arealkarten vermitteln jedoch eine zu statische Auffassung der Artverbreitung. Tatsächlich haben fast alle Arten die Tendenz, sich längerfristig in andere Gebiete auszubreiten. Diese müssen grundsätzlich vom Klima und Boden her für sie geeignet sein, die feste Ansiedlung wird aber auch von antagonistischen Verhaltensweisen dort ansässiger Arten bestimmt. Eine breite ökologische Amplitude, Konkurrenzkraft und auch genetische Änderungen können die Ansiedlung im neuen Lebensraum begünstigen. Die Erörterung einer Anzahl von Beispielen von Neophyten und Neozoen zeigt im Einzelnen sehr große Unterschiede im Verhalten, sodass dafür weder generelle Kriterien feststellbar sind noch Voraussagen getroffen werden können. Die Unterschiede zwischen Migration und Invasion sind fließend. Bestimmten Einwanderern wird ungewöhnliche Aufmerksamkeit zuteil, die oft auf Auffälligkeiten oder Lästigkeiten beruht. Für das langfristige Verhalten sind weitere aufmerksame Beobachtungen erforderlich, um Gesetzmäßigkeiten zu erkennen; das derzeitige Arteninventar wird sich jedenfalls weiter verändern.
Harald AUGE, Stefan KLOTZ, Daniel PRATI und Roland BRANDL:
Die Dynamik von Pflanzeninvasionen: ein Spiegel grundlegender ökologischer und evolutionsbiologischer Prozesse
[S. 41-56]
Wir diskutieren die Bedeutung von Klima, Störungen, Nährstoffen und Insektenherbivorie für die Ausbreitung von gebietsfremden Pflanzenarten. Dabei wird deutlich, dass diese Themen über die Invasionsproblematik hinaus Bestandteil allgemeiner Fragestellungen sind, etwa zu den biogeographischen Prozessen, die Arealgrenzen bestimmen, oder den ökologischen Prozessen, welche die Koexistenz von Arten ermöglichen. Weiterhin zeigen wir, dass auch evolutionäre Veränderungen als Reaktion auf die ökologischen Bedingungen im neu besiedelten Gebiet zum Erfolg invasiver Arten beitragen. Die relative Bedeutung einzelner Prozesse für den Invasionsprozess kann aber mit der verfügbaren Datenbasis noch nicht eindeutig bewertet werden.
Thomas TITTIZER:
Neozoen in mitteleuropäischen Gewässern
[S. 59-73]
Durch Naturereignisse und menschliche Aktivitäten werden Flussökosysteme stark verändert. Da vielen einheimischen Tierarten dadurch die Lebensgrundlage entzogen wird, verschwinden sie aus dem Faunenbild. Das entstandene Faunendefizit in den Gewässern wird in der Regel durch Neozoa aufgefüllt. Diese aus biogeographisch oft entfernten Regionen stammenden Tierarten gelangen durch passive Verschleppung (Schiffe, Vögel), aktive Wanderung oder Aussetzung durch Menschen in unsere Gewässer und können sich wegen der dort oft vorherrschenden mangelnden Konkurrenz schnell und weit verbreiten. Da die daraus resultierenden Folgen nicht bekannt sind, wirkt dies auf die Menschen oft beängstigend. Ob solche Veränderungen in der biozönotischen Struktur einen Verlust oder eine Bereicherung für die betreffende Lebensgemeinschaft darstellen, hängt vom Blickwinkel des Beobachters und von unseren wirtschaftlichen und artenschutzrechtlichen Zielsetzungen ab.
Karl HURLE:
Heimisch und fremd in der Flora der Agrarlandschaft (Kurzfassung des Vortrags)
[S. 75-79]
Viele Unkräuter sind mit der Einführung von Kulturpflanzen zu uns eingewandert und auch heute noch kommen fremde Arten zu uns, die sich in der Ackerunkrautflora etablieren können. Aber auch innerhalb unserer nationalen Grenzen können heimische Arten in Gebiete einwandern, in denen sie vorher nicht vorhanden waren, gelten also dort als fremd. Ein Beispiel dafür sind Hirsearten, die sich mit dem Maisanbau nach Norden verbreitet haben. Neue fremde Arten sind Cyperus esculentus und Abutilon theophrasti. Die Strategien für den Umgang mit invasiven Unkrautarten reichen von Prävention über Tolerieren bis zur Ausrottung. Unkrautarten haben längst ihren ursprünglichen Charakter verloren, da sie sich ständig neuen Anbausystemen anpassen müssen. Mit dem Erwerb neuer Eigenschaften verändert sich auch die Qualität des Begriffs „heimisch“.
Roland BRANDL, Stefan KLOTZ, Jutta STADLER und Harald AUGE:
Nischen, Lebensgemeinschaften und biologische Invasionen
[S. 81-96]
Ausgehend von der historischen Entwicklung der Konzepte der ökologischen Nische und der Lebensgemeinschaft wird dargelegt, inwieweit diese Konzepte bei der Beurteilung der Invasibilität von Lebensgemeinschaften durch fremdländische Arten nützlich sind. Das Konzept der Nische erlaubt zwar Vorstellungen über den Zusammenhang zwischen der inneren Struktur einer Lebensgemeinschaft und deren Invasibilität, die konkrete Anwendung gestaltet sich aber im Einzelfall als schwierig. Darüber hinaus ergeben sich aus dem Nischenkonzept auch Ansätze für die statistische Analyse der Invasibilität von Taxozönosen, Floren oder Faunen: So sollte mit zunehmendem Artenreichtum die Invasibilität von Artengemeinschaften sinken. Probleme ergeben sich hierbei vor allem dadurch, dass neben der inneren Struktur der Artengemeinschaft eine Vielzahl weiterer Prozesse die Invasibilität beeinflusst.
Was macht Arten „invasiv“
Tina HEGER und Ludwig TREPL
[S. 99-108]
Es gibt verschiedene Ansätze, den Invasionserfolg gebietsfremder Arten zu prognostizieren: die Suche nach Arteigenschaften oder nach Eigenschaften des invadierten Ökosystems, eine Verbindung dieser zwei Ansätze (Schlüssel-Schloss-Prinzip) und eine zeitlich differenzierte, integrierende Betrachtungsweise (Prozessdifferenzierung). Jeder dieser Ansätze kann in gewisser Weise dazu beitragen, die Ökologie biologischer Invasionen besser zu verstehen. Eine prozessdifferenzierende Betrachtung erlaubt es allerdings am besten, biologische Invasionen in ihrer Dynamik zu erfassen und zu erklären. Die Möglichkeiten der Prognose biologischer Invasionen unterscheiden sich je nachdem, welcher der Ansätze gewählt wird. Die beiden ersterern, nicht-relationalen Ansätze ermöglichen Vorhersagen statistischer Art, wohingegen der Schlüssel-Schloss-Ansatz und Ansätze der Prozessdifferenzierung als Prognoseinstrument für Einzelfallanalysen geeignet sind.
Josef H. REICHHOLF
„Faunen“, „Floren“ und gebietsfremde Arten: Biogeographische versus ökologische Betrachtung
[S. 111-120]
Verfälschung von Fauna oder Flora sowie Veränderung der ökologischen Gegebenheiten gelten als wesentliche Auswirkungen des Eindringens gebietsfremder Arten. Die genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass sich Fauna und Flora nur ausnahmsweise klar genug abgrenzen lassen, um für eine naturschutzfachliche Beurteilung eine Bezugsbasis zu liefern. Fauna und Flora sind in Raum und Zeit dynamisch und offen wie auch die ökologischen Systeme, denen kein „Soll“-Zustand zugeordnet werden kann. Biogeographische und ökologische Methoden liefern zudem unterschiedliche Ergebnisse zu Faunen und Floren. Der Naturschutz kann sich daher nur bedingt hierauf beziehen und muss zumeist von konventionellen Festlegungen ausgehen. Im Hinblick auf die Dynamik von Fauna und Flora sollten diese jedoch nicht zu eng und zu starr gefasst werden.
Biologische Invasionen in Deutschland – eine Herausforderung zum Handeln?
Ingo KOWARIK und Uwe STARFINGER
[S. 123-133]
Biologische Invasionen beinhalten die durch Menschen ermöglichte Vermehrung und Ausbreitung von Organismen in einem Gebiet, zu dessen Flora bzw. Fauna sie zuvor nicht gehört haben. In globaler Perspektive verursachen biologische Invasionen Kosten in Milliardenhöhe und gelten als ein wesentlicher Gefährdungsfaktor der Biodiversität. Auf Deutschland sind die in vielen Gebieten, vor allem der südlichen Hemisphäre, üblichen negativen Pauschalbewertungen nichteinheimischer Organismen wegen der abweichenden Floren-, Faunen- und Kulturgeschichte Mitteleuropas nicht ohne weiteres zu übertragen. Nichteinheimische Tier- und Pflanzenarten und unter ihrer Beteiligung entstandene Sippen spielen hier seit langem eine wichtige Rolle, vor allem auf Kulturlandschaftsstandorten. Anstatt von Pauschalbewertungen (Ausnahme: Krankheitserreger) sind daher für Mitteleuropa art- und ökosystembezogene Einzelfallbetrachtungen angemessen.
Der bisherige Stand des Wissens zeigt, dass biologische Invasionen ein wichtiges und drängendes Problem auch in Deutschland darstellen: a) ein geringer Anteil der vielen tausend eingeführten oder eingeschleppten nichteinheimischen Tier- und Pflanzenarten kann erhebliche Konflikte mit Zielen von Naturschutz und Landschaftspflege sowie mit verschiedenen Landnutzungen auslösen; b) viele der möglichen Konsequenzen biologischer Invasionen (evolutionäre, ökologische, ökonomische) sind bislang überhaupt nicht Gegenstand systematischer Untersuchungen gewesen. Der heutige Kenntnisstand zu problematischen Arten und zu den mit ihnen verbundenen Konsequenzen ist daher mit Sicherheit nicht vollständig.
In der Schlussfolgerung begründet diese Situation eine stärkere Förderung der grundlagen- und anwendungsorientierten invasionsbiologischen Forschung. Sie sollte darauf zielen, die zugrunde liegenden Mechanismen von Invasionsprozessen und deren Folgen besser verstehen zu können. Dies ist auch eine notwendige Voraussetzung, um die derzeitig unbefriedigenden Maßnahmen zur Vorbeugung und Gegensteuerung optimieren zu können. Hierbei ist, neben der Wissenschaft, auch die Politik gefordert, da Deutschland mit der Ratifizierung der Biodiversitätskonvention die Verpflichtung eingegangen ist, soweit wie möglich und sofern angebracht, die Einbringung nichteinheimischer Arten, welche Ökosysteme, Lebensräume oder Arten gefährden, zu verhindern, diese Arten zu kontrollieren oder zu beseitigen (Artikel 8 h).
Gebietsfremde Arten – sie stoßen auf Misstrauen und Ablehnung und Manche wollen sie ausmerzen, weil sie das Heimische bedrohen und verfremden. Aber was spielt sich wirklich ab, wenn sich gebietsfremde Arten in für sie neue Bereiche ausbreiten? Was ist in unserer Tier- und Pflanzenwelt eigentlich »heimisch« und was ist »fremd«?
Die Ansichten gehen weit auseinander. Die Biogeographie hat für Europas Fauna und Flora die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus (1492) als den Zeitpunkt der »Wende« gewählt. Alle Arten, die danach hierher gekommen sind, werden als Neozoen (»Neu-Tiere«) und Neophyten (»Neu-Pflanzen«) bezeichnet. Für das Deutsche Naturschutzgesetz gelten hingegen für das »Heimisch-sein« viel kürzere Zeitspannen von wenigen Jahrzehnten oder aufeinanderfolgenden Generationen der Fortpflanzung. Viele Arten, die höchst kritisch gesehen werden, sind nach dem Naturschutzgesetz längst »heimisch«, wie z.B. der Riesenbärenklau oder das drüsige Springkraut. Oftmals stehen bei der Ablehnung Schäden im Vordergrund, die vermeintlich oder tatsächlich auftreten. Jüngstes Beispiel ist die aus dem südlichen Balkan stammende Kastanienminiermotte, welche, so die Boulevardpresse, die »Bayerische Biergarten-Kultur« bedrohe.
Das von der Kommission für Ökologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Oktober 2000 veranstaltete Symposion zum Thema »Gebietsfremde Arten, die Ökologie und der Naturschutz« war auf die wissenschaftliche Basis der Ökologie konzentriert: Welche Auswirkungen der gebietsfremden Arten sind festzustellen? Was macht ihren Erfolg aus? Und wie fügen sich die von selbst gekommenen oder verschleppten und angesiedelten Arten in die natürliche Dynamik von Tier- und Pflanzenwelt ein?
Der vorliegende Berichtband umfasst alle Vorträge und Diskussionen zu diesen Kernfragen der Ökologie, um sie der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er richtet sich gleichermaßen an Fachleute wie an interessierte Laien. Wir hoffen, der Band wird beitragen, die durch das Symposion bereits angestoßene Diskussion um die gebietsfremden Arten unter ökologischen Aspekten weiter zu intensivieren.
Josef H. Reichholf, Hubert Ziegler
Albrecht, Harald, Dr., Technische Universität München, Department für Ökologie, Lehrstuhl für Vegetationsökologie, Freising
* Auge, Harald, Dr., Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Biozönoseforschung, Halle
Betke, Klaus, em. Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Lochham
Brandl, Roland, Dr., Philipps-Universität Marburg, AG Allgemeine Ökologie und Tierökologie, Marburg
Burschel, Peter, em. Prof. Dr., Technische Universität München, Lehrstuhl für Waldbau und Forsteinrichtung, Landshut
Gröger, Andreas, Dr., Botanischer Garten München-Nymphenburg, München
* Haber, Wolfgang, em. Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Technische Universität München, Lehrstuhl für Landschaftsökologie, Freising
Hagedorn, Horst, em. Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Universität Würzburg, Geographisches Institut, Würzburg
Herm, Dietrich, em. Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Pullach
Hoppe, Brigitte, Prof. Dr., Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, München
* Hurle, Karl, Prof. Dr., Universität Hohenheim, Institut für Phytomedizin (360), Fachgebiet Herbologie, Stuttgart
Kaiser, Wolfgang, em. Prof. Dr., Baldham
Kandler, Otto, em. Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Botanik, München
* Kinzelbach, Ragnar, Prof. Dr., Universität Rostock, Institut für Biodiversitätsforschung, Lehrstuhl für Allgemeine und Spezielle Zoologie, Rostock
* Klotz, Stefan, Dr., Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Biozönoseforschung, Halle
* Kowarik, Ingo, Prof. Dr., Technische Universität Berlin, Institut für Ökologie, Berlin
Kühhorn, Gabriele, Technische Universität München, Studentin der Gartenbauwissenschaften, Freising
Miersch, Michael, freier Journalist, München
Nöth, Heinrich, em. Prof. Dr., Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München
Preiß, Herbert, Dr., Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Referat Arten- und Biotopschutz, Augsburg
* Reichholf, Josef H., Prof. Dr., Zoologische Staatssammlung München, München
Reinfeld, Ulrich, MR Dr., Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, Ref. 65: Fachliche Grundlagen, München
Schneider, Dietrich, em. Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Starnberg
Tanner, Widmar, Prof. Dr., Mitglied der Kommission für Ökologie, Universität Regensburg, Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenphysiologie, Regensburg
* Tittizer, Thomas, Prof. Dr., Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz
* Trepl, Wolfgang, Prof. Dr., Technische Universität München, Lehrstuhl für Landschaftsökologie, Freising
Utschick, Hans, Dr., Technische Universität München, Lehrstuhl für Landnutzungsplanung und Naturschutz, Freising
Volz, Harald, Dipl.-Ing., Universität Giessen, Institut für Landschaftsökologie und -planung, Giessen
Weid, Roland, RR, Regierung von Oberbayern, Höhere Naturschutzbehörde, München
Wirth, Roland, Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V., München
Ziegler, Hubert, em. Prof. Dr., Vorsitzender der Kommission für Ökologie, Bayerische Akademie der Wissenschaften, München
Ziegler, Wolfram, Dr., Grünwald
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