Der vorliegende Band 41 soll nahtlos an seinen Vorgängerband Nr. 40 anschließen, weswegen einleitende Kapitel entfallen und Bezug genommen wird auf das bereits in Band 40 Gesagte. Die Thematik ist dieselbe, widmet sich diesmal allerdings ausschließlich den Hochgebirgsregionen des Nationalparks Berchtesgaden und seiner vielfältigen Geologie. Dabei gilt auch hier: Vornehmliches Fortbewegungsmittel sind die eigenen Beine! Die Geologie neben dem Wegesrand wird entlang bekannter und zum Teil auch weniger bekannter Pfade durch Reiteralm, Hochkalter-Massiv, Watzmannstock, Steinernem Meer und Hagengebirge erläutert. Dabei gibt es eine klassische Reiteralm-Überschreitung mit Gipfelbesteigung sowie einen verhältnismäßig einfachen Zweitausender im ansonsten alpinistisch durchaus anspruchsvollen Gebirge rund um den Hochkalter. Der Watzmann als das “Wahrzeichen” Berchtesgadens wird nicht nur auf einer langen Rundtour durch das Wimbachgries und den Trischübel-Pass zum Königssee umrundet, sondern auch auf dem Normalweg über das Watzmannhaus auf den leichtesten seiner drei Gipfel bestiegen. Das Hagengebirge berührt auf stillen Pfaden und unbekannten Gipfeln sowohl eine Tagestour als auch eine Mehrtages-Unternehmung. Die Königsetappen dieses Bandes liegen im Steinernen Meer und südlichen Hagengebirge und führen in anspruchsvollen, mehrtägigen Touren auf hohe, aber eher weniger bekannte Berchtesgadener Berge wie Großen Hundstod, Funtenseetauern und Großes Teufelshorn. Dabei wird geologisch Bekanntes erwandert und beschrieben, jedoch mit aktuellen und zum Teil neuen wissenschaftlichen Aspekten garniert: Das sind u. a. Braunkohleflöze in hochalpiner Lage sowie “verlorengegangene” isolierte Deckenreste der Berchtesgadener Einheit, die heute vornehmlich die Gebirgsstöcke nördlich von Berchtesgaden umfasst. Das Besondere: Die meisten der in diesem Band (und auch im Vorgängerband) vorgestellten Exkursionen können miteinander kombiniert werden, so dass einem “Geo-Urlaub” intensiverer Art nichts mehr im Wege stehen sollte.
Nationalpark Berchtesgaden
Zweiter Band zur Geologie des Berchtesgadener Landes
2022. [Deutsch] – 216 Seiten, 271 Farbabbildungen, 9 topographische und 9 geologische Karten, 5 geologische Profile.
24,6 x 17,4 cm, Paperback.
35,00 €
zzgl. Versandkosten / Versandkostenfrei in D
Nachdem sich Band 40 der vorliegenden Buchreihe intensiv mit der Geologie und Paläontologie des Berchtesgadener Talkessels beschäftigt hat, widmet sich dieser Nachfolgeband 41 ausschließlich der Geologie des Nationalparks Berchtesgaden. Grundlage dafür ist die neu kartierte Geologische Karte des Nationalparks im Maßstab 1: 25 000, die am Bayerischen Landesamt für Umwelt für eine Veröffentlichung vorbereitet wird. In diesem Rahmen werden acht erdgeschichtliche, zum Teil hochalpine Wanderungen vorgestellt, die sich den vielfältigen Aspekten von Geologie und Landschaftsgeschichte zuwenden. Denn: Nur da, wo man zu Fuß war, war man wirklich…
Vorwort 5
Dank 7
Exkursionen 8
“Über die Platte springen” – Die klassische Reiteralm-Überquerung 11
Mit Siebenmeilenstiefeln durchs Klausbachtal zum Kammerlinghorn 28
Ausgequetscht, eingefaltet und doch erhalten – Auf ruhigen Pfaden vom Jenner über das Königstal zur Rotspielscheibe und Priesbergalm 45
Auf der “Reibn” – Große Runde vom Königssee über das Hagengebirge zur Gotzenalm 67
Inmitten Wazes wildem Gefolge – vom Wimbachgries zum Königssee 103
Dem König aufs Haupt steigen – der “leichte” Normalweg auf den Watzmann 126
Segel setzen im Steinernen Meer – über das Hundstodgatterl und Großen Hundstod zu Kärlingerhaus und Funtensee 149
Des Kaisers purpurne Mäntel – eine Mehrtagestour vom Königsee zu Kärlingerhaus, Viehkogel, Funtenseetauern, Wasseralm und Großem Teufelshorn 169
Nachwort 213
Über den Autor 213
Geologische Profile 215
»Suchst Du Gold, oder was?«
»A da schau her – de Finanzer kemmen sogar do auffi!«
Estwing-Geologenhammer und zusammenklappbare blaue Kladde – mit diesen meinen wichtigsten Utensilien laufe ich als kartierender Geologe seit mehr als 15 Jahren kreuz und quer durch die Nördlichen Kalkalpen, die österreichischen Zentralalpen und das deutsch-österreichische Alpenvorland. Den Hammer brauche ich, um Gesteine anzuschlagen, denn nur im frischen Bruch sieht man die unverwitterten lithologischen Eigenschaften wie Farbe, enthaltene Komponenten, Schichtung und eventuell Fossilgehalt. Und in der Kladde verstecken sich meine Kartier-Unterlagen: topographische Karte, digitales Geländemodell mit GPS-Raster und – quasi als Luxus – eventuell bestehende alte Manuskriptkarten zum Vergleich oder als eigene Diskussionsgrundlage. Da sich die Geologie in der Regel nicht an Wanderwege hält, bin ich oft auf alten, vergessenen Jagdsteigen oder ganz im weglosen Gelände weit abseits ausgetretener Pfade unterwegs. Die beiden kursiv geschriebenen Sätze eingangs sind nur zwei Beispiele dessen, was ich in all den Kartier- und Geländejahren von wandernden und bergsteigenden Mitmenschen zu hören bekommen habe. Meistens, wenn ich aus dem Unterholz krache oder über steile, abschüssige Bergfluchten einen Steig kreuze und dort zufällig auf Wanderer treffe, reagiert man auf die beiden oben angesprochenen Arbeits-Utensilien: man interpretiert meine Erscheinung mitunter als Rohstoff-suchenden Wahnsinnigen oder als mit Notizbuch und Kladde umherstreifenden, offenbar verwirrten Finanzbeamten. Von meinen vielen Zufalls-Begegnungen hatte bislang kaum jemand einen Geologen im Sinn, und schon gar nicht, dass es Berufstätigkeiten geben könnte, an denen man tagelang alleine und quasi “vogelfrei” über Berg und Tal streifen kann – nur zu dem scheinbar vollkommen weltfremden Zweck, mit Buntstiften den Ausdruck einer topographischen Karte voll zu malen.
Warum erstellt man Geologische Karten, warum be- und zerklopft man Steine, warum sucht man Fossilien, spürt Störungen und Bruchlinien nach, balanciert auf schmalen Berggraten, über Wolken und himmelhohen Wänden, beschreibt Gesteine, wühlt im Dreck und versucht in geologischer, oft körperlich sehr mühevoller Detektivarbeit einstige Ablagerungsräume, ja ganze Ökosysteme zu rekonstruieren? Seit Hunderten von Millionen Jahren Vergangenes passt nicht in unser allzu kurzes menschliches Dasein auf der Erde, wie es scheint. Aber ich denke, ungeachtet all dieser Vorbehalte hat die Geologie eine überaus wichtige und nicht einfach wegzuwischende Legitimation: Nur durch sie wissen wir, was sich auf unserem blauen Planeten wirklich abgespielt hat – und wieder abspielen kann! Dass Landschaften, Hochgebirge, ja ganze Ozeane nur vergängliche Momentaufnahmen sind, die vom Zahn der Zeit irgendwann geschliffen und eingeebnet werden. Dass es vor undenklichen Zeiten Klima-Schwankungen gegeben hat, die wir uns in unseren kühnsten Träumen kaum auszudenken wagen, Lebewesen durch Ozeane geschwommen, über Land geschritten und gekrochen sind, die vergessen bleiben und niemals wiederkommen werden. Das Buch der Erdgeschichte birgt für diejenigen, die es lesen können, viele spannende und verlorene Geschichten, die es zu erzählen gilt. Und, ich finde, es ist an uns Geologen und Paläontologen, genau das zu tun.
Im ersten Berchtesgadener Band der vorliegenden Buchreihe mit den Exkursionen A bis J haben Sie die “niedrigeren” und gemütlicheren Gegenden rund um den weit offenen Berchtesgadener Talkessel im “Inneren Landkreis” kennengelernt. Der vorliegende Band geht buchstäblich einen Schritt weiter – und vor allem höher, nämlich in die Hochgebirgsregionen des Nationalparkes Berchtesgaden. Da die Nummerierung der Exkursionen in diesem Band mit den Buchstaben K bis R versehen ist, soll der Fortsetzungscharakter zum Vorgängerband unterstrichen werden. Aus diesem Grund finden Sie in diesem Buch keine einleitenden Kapitel zur Erdgeschichte der Alpen im Allgemeinen sowie der Entwicklungsgeschichte der Nördlichen Kalkalpen wie Berchtesgadener Berge im Speziellen – diese stehen in Band 40. Beide Bände bilden deswegen ehrlicherweise eine Einheit, die dem Umstand geschuldet ist, dass ein einzelner Band zu dick und zu unhandlich geworden wäre. Und ebenfalls muss gesagt werden, dass beide Bände zusammen am besten “funktionieren”, da sie sich ergänzen.
An geologischer “Hardware” sowie Bildmaterial kann ich Gottlob aus dem Vollen schöpfen, denn ich habe die Geologie des Nationalparks Berchtesgaden in den vergangenen vier Jahren komplett neu aufgenommen. Die Geologische Karte im Maßstab 1: 25 000 wird von Seiten des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) somit hoffentlich bald erhältlich sein – und dazu noch Geologische Erläuterungen zu den Nationalpark-Kartenblättern 8442 Hirschbichl, 8443 Königssee, 8444 Hoher Göll und 8543/8544 Funtensee. Sie stellen für diejenigen, die noch tiefer in die Materie einsteigen möchten, eine Erweiterung dar, da sie das hier Geschriebene ergänzen. Darüber hinaus möchte ich die sehr guten amtlichen topographischen Kartenblätter des Bayerischen Landesvermessungsamtes sowie jene des Deutschen Alpenvereins für eine Mitnahme ins Gelände empfehlen.
Die hier beschriebenen, zum Teil anspruchsvollen Exkursionen sind nach den Hochgebirgsstöcken 1) Reiteralm, 2) Hochkalter-Massiv, 3) Hagengebirge, 4) Watzmann-Massiv und 5) Steinernes Meer aufgegliedert und folgen in diesem Rahmen einer Beschreibung in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad. Es sollte etwas für jeden Geschmack dabei sein: die Überschreitung der Reiteralm, stille Gipfel im Hagengebirge, zwei Parade-Touren, von denen eine um, die andere auf den Watzmann führt, zudem ein verhältnismäßig leichter Zweitausender im ansonsten sehr anspruchsvollen Hochkalter-Massiv. Und zuletzt werden zwei kombinierbare, (hoch)alpine Mehrtages-Unternehmen in Steinernem Meer und südlichem Hagengebirge vorgestellt, die mehr Trekking-Touren gleichen als simplen Bergwanderungen.
Alle hier vorgestellten Touren bin ich in den vergangenen Jahren mehrfach abgelaufen und habe versucht, die Wegführungen und Eigenheiten (und Tücken!) der Landschaft nach bestem Wissen und Gewissen zu beschreiben. Dennoch kann ich keine Haftung für selbst verschuldete Unfälle übernehmen. Einige Routen folgen einsamen, teilweise ausgesetzten Pfaden, und geleiten – mit oft über weit mehr als 1000 Höhenmetern pro Tag – auf stille wie hohe und prominente Berggipfel. Sie wurden für trittsichere und schwindelfreie Hochgebirgs-Geologen und solche, die es werden möchten, geschrieben und erfordern einiges an vorausschauender Planung. Sie sollten deswegen in keinem Fall “blauäugig” in Angriff genommen werden. Und denken Sie daran: Sie als Wanderer und Bergsteiger sind jederzeit nicht nur der Geologie, sondern auch dem Wetter ausgesetzt und genau Letzteres kann im Zuge der hier vorgestellten Geo-Touren im günstigen Fall “ungemütlich”, im schlimmsten Fall lebensgefährlich werden.
So ist der beste Zeitpunkt für die hier vorgestellten Hochgebirgs-Exkursionen im Nationalpark Berchtesgaden eindeutig der Spätsommer sowie der zeitige Herbst mit dem zugegeben schmalen Zeitfenster von Mitte August bis Anfang Oktober (Saisonschluss der Alpenvereinshütten). Dann sind die Temperaturen in den Kalkwüsten der Gebirgsstöcke mild, das Wetter stabil und die Gewittergefahr gering. Bis ins späte Frühjahr liegt noch zu viel Schnee und die meisten Zustiege und Übergänge sind ungangbar.
Und noch etwas: Bitte vergessen Sie nicht, dass Sie im Nationalpark Berchtesgaden und damit in einem streng geschützten Gebiet unterwegs sind. Es sollte selbstverständlich sein, eventuell getätigte Fossil- und interessante Steinfunde – sofern größeren Ausmaßes – an Ort und Stelle zu belassen und nicht mit Werkzeug herausklopfen zu wollen (meistens ist der Rucksack ohnehin zu schwer).
Ich darf Sie also wieder einladen, mir weiter beim “Erdgeschichten-Erzählen” in den Berchtesgadener Alpen zu folgen. Vielleicht mag das ein oder andere Vorgestellte auf den ersten Blick befremdlich klingen und weit hergeholt. Aber seien Sie einer geologischen Sache gewiss: je öfter man versucht, den Steinen zuzuhören, desto besser versteht man….
Thomas Hornung, Berchtesgaden im Winter 2021
Thomas Hornung, Jahrgang 1975, geboren und aufgewachsen in Bamberg am Rand der Frankenalb, ist promovierter Geologe und Paläontologe – und das mit Leib und Seele! Neben Beruf und Wissenschaft ist ihm vor allem das Erkennen erdgeschichtlicher Zusammenhänge wichtig, die letztendlich zu der Landschaft geführt haben, die wir vor uns sehen. Seit 15 Jahren tingelt er als kartierender Geologe im gesamten Ostalpenraum von Wien bis Tirol sowie im nördlichen Voralpenland zwischen Allgäu und Chiemgau umher und erstellt in der Hauptsache geologische Karten sowie die dazugehörigen Erläuterungsbände. Sein Wissen als ursprünglich gelernter Paläontologe gibt er ebenfalls seit anderthalb Jahrzehnten an Studierende der Universität Salzburg weiter und setzt dabei neben der praktischen Tätigkeit im Gelände sein Hauptaugenmerk vor allem auf die Sprache und Aussagekraft von Bildern. Dabei ist es ihm wichtig, spannende und mitnichten “angestaubte” geologische und paläontologische Fakten allgemeinverständlich darzustellen. Da gerade die Alpengeologie extrem kompliziert und für Laien mitunter kaum nachvollziehbar ist, bleibt deren Vermittlung in einer populärwissenschaftlichen Arbeit, die ein breiteres Publikum und nicht nur „Eingefleischte“ erreichen soll, eine ständige Herausforderung.
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