Briefmarkensammeln beginnt man meist in jungen Jahren. Man sammelt, wessen man habhaft werden kann. Erst später beginnt man sich auf Briefmarken eines Landes oder auf ein Thema wie Schiffe, Zeppeline, andere Verkehrsmittel, Tiere usw. zu spezialisieren. Heute lebende Fische bilden in beliebtes Sammelgebiet, sie sind häufig auf Briefmarken von Küsten- und Inselstaaten zu finden. Fossilien erschienen erst in den 1950er Jahren auf Briefmarken, aber erst in den 1980er Jahren waren sie häufiger vertreten, so dass es sich lohnte, sich darauf zu spezialisieren. In den 1990er und den ersten zehn Jahren des 21. Jahrhunderts gab es eine regelrechte Flut an Briefmarken mit Fossilien. Viele Länder, die kaum Fossilien produziert haben, stiegen in den Boom ein. Dabei handelte es sich zumeist um Dinosaurier, die seit den 1970er Jahren sehr populär geworden waren. Auch fossile Säugetiere wurden und werden auf Briefmarken abgebildet, speziell große und bizarre Formen. Dagegen sind andere Fossilien wie fossile Wirbellose oder Pflanzen kaum zu finden. Da sind fossile Fische schon häufiger auf Briefmarken vertreten. Oft erscheinen sie als Zusatz- oder Nebenfiguren als Ergänzung zu marinen Großreptilien. Es ist das Verdienst der beiden Autoren, hier diese weit verstreuten Darstellungen von fossilen Fischen auf Briefmarken, auf Postkarten und als Stempel zusammengetragen zu haben.
Im Gegensatz zu Dinosauriern auf Briefmarken sind viele der fossilen Fische auf Briefmarken solche, die in dem Land, das die Briefmarke herausgibt, zu finden sind. Beispiele dafür sind der Lungenfisch Microceratodus angolensis, der nur in Angola zu finden ist, der Kreidefisch Vinctifer comptoni von der bekannten Lokalität Chapada do Araripe im Nordosten Brasiliens (Provinz Ceará), der Sarcopterygier Eusthenopteron foordi, eine Form, die lange als nächster Verwandter der Vierfüßer (Tetrapoden) angesehen wurde, von der oberdevonischen Lagerstätte Miguasha in Québec, Kanada, und Fische aus Australien, China, Grönland, Lettland, dem Libanon und vielen anderen Ländern. Natürlich sind wie bei den Dinosauriern solche Formen häufig vertreten, die besonders groß oder räuberisch sind wie Dinichthys Dunkleosteus, ein über 6 Meter langer Plattenhäuter (Placodermi) aus dem Oberdevon von Cleveland, Ohio, USA, und der noch größere Hai Carcharocles megalodon, ein naher Verwandter des heutigen großen Weißen Haies.
Ein besonderes Exempel statuiert Nordkorea mit Eusthenopteron. Nordkorea benutzt Eusthenopteron foordi auf einem Block, um uns vergleichende Anatomie und Evolution nahe zu bringen. Das innere Skelett der Brustflosse des Fisches wird mit dem Flugarm von Vogel und Fledermaus, der vorderen Finne eines Delphins, dem Vorderfuß eines Pferdes und dem Vorderarm eines Menschen verglichen. Und damit man auch versteht, dass es sich nicht nur um Ähnlichkeiten handelt, sondern um eine phylogenetische Verknüpfung wird das Porträt Darwins gleich mitgegeben.
Fälschlicherweise wurde der Quastenflosser (Coelacanthida oder Actinistia) Latimeria chalumnae bei seiner Entdeckung vielfach mit dem Übergang zu dem Vierfüßern in Verbindung gebracht. Die Quastenflosser waren als fossile Fische gut bekannt, so dass der neuentdeckte Fisch 1938/39 von J. L. B. Smith sofort der richtigen Gruppe zugeordnet werden konnte, obwohl ihm nur eine sehr einfache Skizze des Fisches vorlag. Latimeria ist ein Unikum innerhalb der heute lebenden Fische und passt besser zu den fossilen Formen, deren letzter Vertreter aus der oberen Kreide bekannt ist, er passt daher hier gut zu den fossilen Fischen.
Die Präsentation der fossilen Fische auf Briefmarken folgt der systematischen Hierarchie von Kieferlosen (Agnatha) zu Kiefertragenden (Gnathostomata), und innerhalb der Kiefertragenden von Plattenhäutern (Placodermi) über Knorpelfische (Chondrichthyes) und Stachelhaie (Acanthodii) zu den Knochenfischen (Osteichthyes oder Osteognathostomata), die in zwei Gruppen, die Strahlenflosser (Actinopterygii) und die Fleischflosser (Sarcopterygii) aufgeteilt werden. Letztere leiten zu den Vierfüßern (Tetrapoda) über. Der Leser erhält damit eine kurze Übersicht über die Systematik der Fische. Die Häufigkeit, mit der die einzelnen Gruppen auf Briefmarken erscheinen, hat nichts mit ihrer Häufigkeit als lebende oder fossile Formen zu tun. So sind die Strahlenflosser, die heute 96 % der gesamten Fische ausmachen und auch fossil sehr häufig sind, völlig unterrepräsentiert, während der einzigartige, in seinen Vorkommen sehr beschränkte Quastenflosser Latimeria relativ häufig auf Briefmarken zu finden ist.
Es werden eben die aus den verschiedensten Gründen interessanten fossilen Fische ausgewählt, um auf Briefmarken zu erscheinen. Dies wird in diesem Buch gezeigt. Die Autoren haben die weit verstreuten fossilen Fische auf Briefmarken zusammengetragen zur Freude und zum Genuss der Leser.
Hans-Peter Schultze, Januar 2016
Professor emeritus
vormaliger Direktor des
Museums für Naturkunde, Berlin
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