Überblick über Lithostratigraphie und Fazies: Die Kreide der Pindos-Zone konnte beckenweit in zwei Formationen, die Katafito-Formation (Unterkreide bis Coniac; mit zwei Faziesausbildungen) und die Pindos-Plattenkalk-Formation (Coniac bis Maastricht; mit vier Formationsgliedern) untergliedert werden. Das Spektrum an Sedimentgesteinen spiegelt ein gemischt karbonatisch-kieselig-siliziklastisches, tiefmarines System wider, in dem die fundamentalen Fazies(modelle) tiefer Becken: Hang, Fächer und Beckenebene, ausgebildet sind. Die (hemi-)pelagische Sedimentation ist von roten Tonsteinen und Radiolariten (Radiolarit-Fazies der Katafito-Formation) und von pelagischen Biomikriten der Pindos-Plattenkalk-Formation geprägt. Allochthone Sedimentationsprozesse dominieren die oberkretazische Entwicklung, in der vier große Turbiditzyklen definiert werden konnten. Die basalen zwei Zyklen sind in der Klastischen Fazies der Katafito-Formation (tiefe Oberkreide) repräsentiert, die folgenden zwei in der karbonatischen Mass-flow-Fazies der Pindos-Plattenkalk-Formation (Plattformhang der höheren Oberkreide).
Entwicklung der Unterkreide bis zum Unteren Cenoman: Diese Zeitspanne der Beckenentwicklung ist durch die Radiolarit-Fazies der Katafito-Formation vertreten. Das komplexe, sedimentologische und eventstratigraphische Muster, das aufgedeckt werden konnte, wird im ersten Abschnitt der Arbeit beschrieben. Ein wesentlicher Teil der Untersuchungen wurde dabei der Radiolarienfauna gewidmet. Zur Datierung der Radiolarien fand eine aus den jüngsten Literaturquellen erstellte Reichweitentabelle kritischer Radiolarienarten Anwendung. Damit konnte die, durch geringste Sedimentationsraten charakterisierte, Unterkreide der Pindos-Zone zum ersten Mal detailliert litho-biostratigraphisch gegliedert werden. So ist die Abtrennung und Definition fünf Grüner Horizonte mit Corg.-reichen Schwarzschiefern in der roten Radiolarit-Fazies zu erwähnen. Eine Korrelation dieser Ereignisse mit Oceanic Anoxic Events ist für die Horizonte des Apt-Alb (OAE 1) und speziell des Unterapt (OAE 1a) wahrscheinlich. Im Zeitraum des Cenoman bis Coniac konnten weitere Events erkannt werden. Darüber hinaus zeigte die petrographische und mikrofazielle Analyse von klastischen Bänken in der Radiolarit-Fazies, dass im Oberbarreme bis Unterapt sowie dem Alb »Radiolarienturbidite« mit spezieller detritischer Zusammensetzung auftreten, die auf vulkanogenen Ursprung hinweist. Somit konnten überregionale Korrelationswerkzeuge definiert werden, die zugleich eine allozyklische Steuerung der Sedimentationsverhältnisse, z.B. über den frühen, mittelkretazischen Vulkanismus, anzeigen.
Die wenigen allodapischen Kalke weisen eine Bio-Lithoklastenassoziation auf, die stark von der der Oberkreide abweicht, wo zwei weitere Assoziationen unterschieden werden konnten. Dies wird als Indiz für die fazielle Umstrukturierung der Plattform am westlichen, nicht erschlossenen Beckenrand in der ausgehenden Unterkreide gewertet.
In der Oberkreide, speziell ab dem Mittleren Cenoman, wurde schließlich eine drastische Änderung des Sedimentationsgeschehens nachgewiesen, die sich auf regional-tektonische und orogenetische Prozesse gründet.
Cenoman bis Coniac/Santon: Die Klastische Fazies der Katafito-Formation stellt eine markante Einschaltung im radiolaritischen Pindos-Becken dar, deren stratigraphische und fazielle Beziehungen wesentliche Aspekte des zweiten Teils der Arbeit waren. Es konnte gezeigt werden, dass die siliziklastischen Einheiten auf die tiefe Oberkreide beschränkt sind, wo sie mit orbitolinenreichen Mass-flow-Ablagerungen im Cenoman und im ausgehenden Turon (Orbitolinenhorizonte) einsetzten (Turbiditzyklen der tiefen Oberkreide). Im Pindos-Gebirge und der westlichen Peloponnes konnten verschiedene karbonatische, siliziklastische und Corg.-reiche Turbidittypen und -assoziationen untergliedert werden, deren regionale Verbreitung und vertikale Charakteristika »fächerartige« Sedimentation vermuten lassen. Des Weiteren belegen Untersuchungen der Turbiditfazies und der Paläoströmungen, entgegen der bisher in der Literatur favorisierten Auffassung, terrigene Quellen nicht nur im Norden, sondern auch unbekannte Liefergebiete innerhalb der westlichen Apulischen Platte (Abb.1A). Vulkanoklastischer Detritus der östlichsten Aufschlüsse dagegen muss aus dem im Osten anschließenden Pelagonikum stammen. In dieser Arbeit werden die Umlagerungszyklen als Spiegelbild tektonisch kontrollierter Prozesse gedeutet: So können tektonisch induzierte, relative Meeresspiegelfälle zum Kollaps der Plattformflanken geführt und Eintrag terrigener Fracht über die angrenzenden Schelfe initiiert haben. Eine Verknüpfung dieses Geschehens mit tektogenetischen Prozessen (Erosions- und Transgressionsereignissen) in der tieferen Oberkreide der östlichen Pelagonischen Zone konnte aufgezeigt werden.
Coniac/Santon bis Maastricht: Während des späten Coniac bis Santon erfolgte die fazielle Umstrukturierung des kieselig-siliziklastischen zum karbonatischen Tiefwasser-Becken (Pindos-Plattenkalk-Formation). Die Untersuchungen in diesem dritten Teil der Arbeit widmeten sich der Untergliederung und biostratigraphischen Datierung der Formation, der Analyse turbiditischer und mikroplanktonreicher, pelagischer Fazies sowie der Korrelation von Umlagerungsereignissen. Dazu wurde ein Kriterienkatalog zur Dünnschliff-Bestimmung planktonischer Foraminiferen erstellt, der es trotz der eingeschränkten Bestimmbarkeit in Axialschnitten ermöglichte, in den beprobten Profilen einheitliche Datierung zu gewähren.
Die Untersuchung der Pindos-Plattenkalk-Formation zeigt, dass sich im Zeitraum des Obersanton bis Maastricht ein, die westliche Plattform säumender, tiefmariner Faziesgürtel herausbildete, dessen Sedimentfüllung und Mächtigkeitsentwicklung ein karbonatisches Plattformhang-System (unterer Hang und Beckenebene) erkennen lassen. Aufgrund der mikrofaziellen Analyse kann ein Erosionshang im Liefergebiet angenommen werden. Die Zufuhr karbonatischer Mass-flow-Ablagerungen muss durch hohe Produktivität im Schelf einerseits, tektonische Prozesse andererseits, wie schon in der tieferen Oberkreide, erklärt werden. Mehrere auffällige Umlagerungshorizonte konnten definiert werden, wobei die Horizonte des Untercampan und des Maastricht zugleich Phasen der verstärkten Turbiditschüttung einleiteten. Diese, aber auch überlagerte, höherfrequente Schüttungszyklen (z.B. als Thinning-upward-Folgen) können Ausdruck verstärkter tektonischer Aktivität am gestörten Becken-Plattformrand sein. Der jüngste und zugleich beckenweit mächtigste Turbiditzyklus in der gansseri-Zone des Maastricht gibt dabei ein präzises Datum des tektonischen »Zusammenbruchs« großer Plattformareale an. Diese paläogeographischen und orogenetischen Umwälzungen sind Vorboten des finalen Flyschstadiums in den westlichen Helleniden, das sich im Pindos-Trog bereits im Obermaastricht durch terrigene Zufuhr ankündigte.
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