Bayerische Akademie der Wissenschaften (editor)
Die Sprache der Moleküle
Chemische Kommunikation in der Natur
Rundgespräch am 6. April 2016 in München
2016. [in German] – 144 pp., 41 coloured and 29 black-and-white figures, 3 tables.
24 x 17 cm. Paperback
ISBN: 978-3-89937-214-4
Series: Rundgespräche Forum Ökologie
Alle Organismen benutzen in irgendeiner Weise Moleküle als Signale, um Information auszutauschen. Diese »chemischen Sprachen« sind die älteste Form der Kommunikation in der Natur. Die Chemische Ökologie als eigenständige interdisziplinäre Forschungsrichtung befasst sich unter anderem mit der Identifizierung dieser Signale, mit der Aufklärung von Systemen zu ihrer Wahrnehmung und Weiterleitung in die Zelle bzw. in den Organismus, aber auch mit den Wirkungen der Signale auf die Evolution, das Verhalten und die Ökologie der beteiligten Organismen. Das vorliegende Buch gewährt neue und überraschende Ergebnisse aus diesem faszinierenden Forschungsfeld.
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Alle Organismen benutzen in irgendeiner Weise Moleküle als Signale, um Information auszutauschen. Diese »chemischen Sprachen« sind die älteste Form der Kommunikation in der Natur. Die Chemische Ökologie als eigenständige interdisziplinäre Forschungsrichtung befasst sich unter anderem mit der Identifizierung dieser Signale, mit der Aufklärung von Systemen zu ihrer Wahrnehmung und Weiterleitung in die Zelle bzw. in den Organismus, aber auch mit den Wirkungen der Signale auf die Evolution, das Verhalten und die Ökologie der beteiligten Organismen. Das vorliegende Buch gewährt neue und überraschende Ergebnisse aus diesem faszinierenden Forschungsfeld.
Die einzelnen Kapitel stellen spannende Beispiele chemischer Kommunikation vor, sowohl hinsichtlich der Vielfalt der Lebewesen – über Höhere Pflanzen, Grünalgen, Insekten, Schwämme, Pilze und Bakterien wird berichtet – als auch der Vielfalt der Interaktionen, die durch chemische Stoffe vermittelt werden, vom symbiontischen Zusammenleben bis zur komplexen Abwehr von Fraßfeinden. Darüber hinaus werden wichtige Methoden vorgestellt, die heute in der Chemischen Ökologie eine Rolle spielen.
Der Band enthält die überarbeiteten Vorträge und Diskussionen einer gleichnamigen Fachtagung, ergänzt mit einem Schlagwort- und einem Artenverzeichnis. Er richtet sich gleichermaßen an Fachleute wie an interessierte Laien.
Organisator des Rundgesprächs: Prof. Dr. Markus RIEDERER
Mit Beiträgen von: Prof. Dr. Ute HENTSCHEL HUMEIDA, Dr. Ulrich HILDEBRANDT, Prof. Dr. Monika HILKER, Prof. Dr. Kirsten JUNG, Prof. Dr. Erika KOTHE, Priv.-Doz. Dr. Axel MITHÖFER, Prof. Dr. Caroline MÜLLER, Prof. Dr. Martin PARNISKE, Prof. Dr. Markus RIEDERER, Prof. Dr. Joachim RUTHER und Dr. Thomas WICHARD.
Verzeichnis der Vortragenden und der Diskussionsteilnehmer am Rundgespräch 5-6
Susanne Renner und Markus Riederer: Vorwort 7
Karl-Heinz Hoffmann: Begrüßung durch den Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 9-10
Susanne Renner: Begrüßung durch die Vorsitzende des Forums Ökologie 11
Markus Riederer: Chemische Kommunikation in der Natur. Einführung in das Rundgespräch 13-16
Joachim Ruther: Chemische Kommunikation bei parasitischen Wespen 17-26
Diskussion 27-28
Monika Hilker: Früherkennung von Insektenbefall: Eiablagen mobilisieren die pflanzliche Verteidigung 29-37
Diskussion 38
Axel Mithöfer: Chemische Signale bei Pflanzen-Herbivoren-Interaktionen 39-47
Diskussion 48
Caroline Müller: Wie sich die Chemie ändert, wenn Pflanzen die Welt erobern 49-57
Diskussion 57-58
Ute Hentschel Humeida: Mikrobielle und chemische Ökologie mariner Schwamm-Mikroorganismen-Interaktionen 59-66
Diskussion 67
Thomas Wichard: Bakterien-Algen-Interaktionen: Die Grünalge Ulva (Chlorophyta) kommt nur mit den richtigen Bakterien in Form 69-81
Diskussion 82
Ulrich Hildebrandt: Interaktionen von Pilzen und Bakterien mit pflanzlichen Oberflächen 83-91
Diskussion 91-92
Erika Kothe: Signalmoleküle in der Mykorrhizasymbiose 93-102
Diskussion 103
Martin Parniske und Martina Ried: Wahrnehmung und Interpretation symbiontischer Signale durch Pflanzen und ihre bakteriellen Partner 105-115
Diskussion 116
Kirsten Jung: Die Kommunikation von Bakterien 117-126
Diskussion 127-128
Markus Riederer: Schlusswort 129
Verzeichnis der Organismen(Gruppen) 131-133
Schlagwortverzeichnis 133-139
Joachim RUTHER:
Chemische Kommunikation bei parasitischen Wespen
[Seite 17-28 4 Farb- und 3 s/w-Abbildungen]
Parasitische Wespen sind oft winzige Insekten aus der Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera), die sich meist in anderen Arthropoden entwickeln und den Wirtsorganismus am Ende ihrer Entwicklung töten. Sie spielen daher als natürliche Gegenspieler eine enorm wichtige Rolle für das Funktionieren von terrestrischen Ökosystemen und werden auch zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Um die Massenzucht dieser Nützlinge zu optimieren, müssen möglichst viele Details ihrer Reproduktionsbiologie bekannt sein. Ein wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang die sexuelle Kommunikation, die bei den meisten parasitischen Wespen über chemische Signale, so genannte Sexualpheromone, gesteuert wird. Diese Stoffe werden nicht nur zur Anlockung und Erkennung des richtigen Partners eingesetzt, sondern dienen auch dazu, diesen von den eigenen Qualitäten zu überzeugen und zur Paarung zu bewegen. Ein Modellorganismus zur Erforschung parasitischer Wespen ist Nasonia vitripennis. Das Pheromonsystem von N. vitripennis besteht aus mindestens drei Elementen: (1) Männchen locken Weibchen über ein flüchtiges Sexualpheromon an, welches sie im Abdomen produzieren. (2) Männchen nutzen kutikuläre Kohlenwasserstoffe der Weibchen zur Partnererkennung. (3) Ein orales Balzpheromon der Männchen löst die Paarungswilligkeit der Weibchen aus und schaltet deren Reaktion auf das abdominale Pheromon ab. Anhand von N. vitripennis werden chemische, verhaltensbiologische und evolutionäre Aspekte der faszinierenden Pheromonkommunikation parasitischer Wespen vorgestellt.
Monika HILKER:
Früherkennung von Insektenbefall:
Eiablagen mobilisieren die pflanzliche Verteidigung
[Seite 29-38, 2 Farb- und 4 s/w-Abbildungen]
Viele pflanzenfressende (herbivore) Insektenarten legen Eier an den Blättern ihrer Wirtspflanzen ab. Die Pflanzen beginnen nicht erst dann, sich gegen den Befall zu wehren, wenn Larven aus den Eiern schlüpfen, sondern können bereits auf die Eiablagen selbst reagieren. Pflanzen können in Reaktion auf Insekteneier nekrotisches Blattgewebe an der Eiablagestelle bilden, sodass die Eier austrocknen oder vom Blatt fallen. Weiterhin reagieren viele Pflanzen auf Eiablagen mit Veränderungen in ihrem Duftmuster. Die durch Eiablagen induzierten Blattdüfte locken Eiparasitoide (kleine Wespen) an, welche die Eier der herbivoren Insekten abtöten. Insekteneiablagen können Pflanzen auch als »Warnung« vor drohendem Larvalfraß dienen. Falls Abwehrreaktionen gegen die Eier nicht erfolgreich sind und Larven aus den Eiern schlüpfen, können durch Eiablagen gewarnte Pflanzen ihre fraßinduzierte Abwehr gegen schlüpfende Larven verbessern. So wurde gezeigt, dass sich Larven an zuvor eierbelegten Pflanzen schlechter entwickeln und höhere Mortalitätsraten aufweisen als an eifreien Pflanzen. Durch Eiablagen gewarnte Pflanzen zeigen bei Larvalfraß veränderte Transkriptionsraten von Genen, die in die fraßinduzierte Abwehr involviert sind. Die eiablagevermittelte Veränderung im molekularen Regelwerk bedingt Veränderungen im fraßinduzierten pflanzlichen Stoffwechsel, die schließlich zu einer verbesserten Abwehr gegen pflanzenfressende Insekten führen.
Axel MITHÖFER:
Chemische Signale bei Pflanzen-Herbivoren-Interaktionen
[Seite 39-48, 5 Farb- und 3 s/w-Abbildungen]
Pflanzen können als ortsgebundene Organismen ihren Feinden nicht ausweichen. Um sich dennoch gegen Pathogene oder Fraßfeinde zu verteidigen, haben sie im Laufe ihrer Evolution eine Reihe zum Teil sehr subtiler Abwehrmechanismen entwickelt, von rein physikalischen Barrieren wie Dornen oder Haaren bis zur chemischen Verteidigung. Pflanzen produzieren darüber hinaus eine Unzahl chemischer Verbindungen, die angreifende Herbivore (hauptsächlich pflanzenfressende Insekten) direkt töten oder abschrecken. Besonders raffiniert sind jedoch indirekte Verteidigungsstrategien. Den Duft von Pflanzen verbinden wir gemeinhin mit der Anlockung von bestäubenden Insekten. Weniger bekannt ist, dass verletzte oder angefressene Pflanzen über Gerüche Informationen an die Umgebung abgeben. Der genaue Informationsgehalt solch eines Duftes ist in seiner Komposition aus verschiedenen chemischen Verbindungen verborgen. Pflanzen nutzen ihn zum Beispiel bei Insektenbefall, indem sie mit Duft räuberische Insekten anlocken; diese attackieren die herbivoren Insekten und schützen somit die befallenen Pflanzen. Die in den Duftstoffmischungen enthaltene Information über die Anwesenheit eines Fraßfeindes kann auch von benachbarten Pflanzen der eigenen oder sogar anderer Arten genutzt werden, um sich auf einen möglichen Befall von in ihrer Nähe befindlichen Herbivoren vorzubereiten.
Während viele solcher pflanzlichen Reaktionen im Labor gut untersucht sind, beginnen wir diese Zusammenhänge in der natürlichen Umgebung gerade erst zu verstehen und diese Erkenntnisse für den natürlichen Pflanzenschutz anzuwenden.
Caroline MÜLLER:
Wie sich die Chemie ändert, wenn Pflanzen die Welt erobern
[Seite 49-58, 1 Farb- und 5 s/w-Abbildungen]
Durch Reise- und Handelsaktivitäten des Menschen wurden viele Pflanzenarten in Länder verbreitet, in denen sie ursprünglich nicht vorkamen. Manche dieser Arten haben sich in den fremden Ländern sehr erfolgreich ansiedeln können und sind nicht mehr auf den Menschen angewiesen, sondern können sich selbständig vermehren, große Populationen bilden und heimische Arten verdrängen. Verursachen sie dadurch ökonomischen und/oder ökologischen Schaden, spricht man von »invasiven Pflanzen«. Da sich die Umwelt für die betreffenden Pflanzen im Allgemeinen im neuen Gebiet von der heimischen Umgebung unterscheidet, verändern sich pflanzliche Eigenschaften wie beispielsweise ihr Wuchs oder ihre chemische Abwehr. Letzteres könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Pflanzen im neuen Gebiet vermutlich weniger natürliche Feinde haben als im Herkunftsgebiet. Anhand von drei Beispielen wird erläutert, welche chemischen Veränderungen pflanzlicher Inhaltsstoffe in invasiven Populationen verglichen zu heimischen Populationen stattfinden können, welchen Einfluss diese auf pflanzenfressende Gegenspieler haben und mit welchen Methoden solche Wechselwirkungen untersucht werden.
Ute HENTSCHEL HUMEIDA:
Mikrobielle und chemische Ökologie mariner Schwamm-Mikroorganismen-Interaktionen
[Seite 59-67, 3 Farb- und 2 s/w-Abbildungen]
Schwämme (Stamm Porifera) sind ein wichtiger Bestandteil von aquatischen und insbesondere von marinen Lebensgemeinschaften. Als sesshafte Wirbellose (Invertebraten) besitzen Schwämme weder Panzer noch Zähne oder Klauen zu ihrer Verteidigung. Anstelle dessen haben sich chemische Verteidigungsstrategien herausgebildet, die in der Natur dazu dienen, Fraßfeinde abzuwehren oder das Überwachsenwerden durch andere Tiere oder Biofilme zu verhindern. Eine Reihe solcher mariner Naturstoffe findet Gebrauch in pharmakologischen, medizinischen oder biotechnologischen Anwendungen.
Ein weiteres Kennzeichen vieler Schwämme ist die große Menge an Mikroorganismen, die meist extrazellulär im Tier vorliegen und die bis zu einem Drittel der Schwammbiomasse ausmachen können. Die bakteriellen Symbionten sind meist hochgradig spezifisch mit ihren Schwammwirten assoziiert. Aufgrund der großen Menge und Vielfalt von Mikroorganismen in Schwämmen erscheint die Hypothese naheliegend, dass mikrobielle Symbionten an der Biosynthese von Sekundärmetaboliten beteiligt, wenn nicht gar dafür verantwortlich sind. Im Vortrag wird der aktuelle Stand der Forschung diskutiert. Ein besonderes Augenmerk wird auf neue Erkenntnisse gelegt, die auf der Anwendung von so genannten Hochdurchsatz-Sequenzier-Technologien (»next generation sequencing«) beruhen.
Thomas WICHARD:
Bakterien-Algen-Interaktionen:
Die Grünalge Ulva (Chlorophyta) kommt nur mit den richtigen Bakterien in Form
[Seite 69-82, 6 Farb- und 2 s/w-Abbildungen]
Die marine Makroalge Ulva, auch Meersalat genannt, lebt in enger Gemeinschaft mit einer komplexen bakteriellen Begleitflora. In der Natur können sich einige Ulva-Arten massenhaft vermehren und Algenblüten ausbilden, wenn ungeklärte und nährstoffreiche Abwässer aus Landwirtschaft und Städten ins Meer gelangen. Ohne Bakterien entwickelt sich der Meersalat lediglich zu einem unförmigen Zellhaufen; erst nach Zugabe bestimmter Bakterien bildet Ulva wieder ihre normale Gestalt aus. Überraschenderweise reicht eine Kombination von zwei Bakterien aus, um die Gestaltbildung von Ulva mutabilis, d.h. das Wachstum und die Entwicklung der Blattform und des Haftorgans, in dieser »Dreiecksbeziehung« zu aktivieren. Während ein spezifisches Bakterium (Alphaproteobacterium) die Zellteilungen der Blattzellen und die Bildung eines typischen Blattes induziert, unterstützt das andere Bakterium (Bacteroidetes) die Zellwandbildung und löst eine Differenzierung derjenigen Zellen aus, mit denen sich die Alge am Untergrund festhält. Da die chemischen Verbindungen, auf denen die Kommunikation zwischen Ulva und ihren Bakterien (Cross-kingdom-Interaktionen) im Meer beruht, nur in sehr kleinen Mengen produziert werden, stellt ihre Identifizierung eine große Herausforderung dar.
Die neuen Forschungserkenntnisse werden u.a. die Voraussetzungen für die nachhaltige Bewirtschaftung algaler Aquakulturen schaffen. Ulva wurde von der Deutschen Botanischen Gesellschaft (Sektion Phykologie) zur »Alge des Jahres 2015« gewählt.
Ulrich HILDEBRANDT:
Interaktionen von Pilzen und Bakterien mit pflanzlichen Oberflächen
[Seite 83-92, 9 Farbabbildungen]
Neben ihrer zentralen Funktion bei der Einschränkung des Wasserverlustes über die Oberfläche der Pflanze bietet die pflanzliche Kutikula, die als besonders wichtige Bestandteile Wachse enthält, als Barriere Schutz vor UV-Strahlung, mechanischen Verletzungen, aber auch vor pathogenen Organismen. Sie fungiert als primäre Kontaktstelle für Interaktionen mit verschiedenen Organismen und ist daher von großer ökologischer Bedeutung.
Der Echte Mehltau bei Getreide und anderen Gräsern ist eine der ökonomisch bedeutendsten Pflanzenkrankheiten. Hervorgerufen durch den Pilz Blumeria graminis, kann diese zu hohen Ertragseinbußen führen. Die Sporenkeimung und die Ausbildung von Infektionsstrukturen werden bei diesem Pathogen spezifisch durch langkettige Wachsbestandteile der Wirtskutikula induziert. Fehlen diese Verbindungen, so resultiert dieses in einer wesentlichen Reduktion des Mehltaubefalls. Dieser Zusammenhang eröffnet möglicherweise Perspektiven zur Etablierung einer nachhaltigen Resistenz gegenüber dem Getreidemehltau.
Auf Blattoberflächen leben auch vielfältige Gemeinschaften von Bakterien. Die Zusammensetzung dieser Gemeinschaften hängt u.a. von der Chemie der kutikulären Wachse ab. Das konnte anhand von Mutanten der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) gezeigt werden, die sich hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer kutikulären Wachse voneinander unterscheiden. Offen bleibt derzeit allerdings, wie sich Veränderungen in der Zusammensetzung kutikulärer bakterieller Gemeinschaften auf die Pflanze selbst auswirken.
Erika KOTHE:
Signalmoleküle in der Mykorrhizasymbiose
[Seite 93-103, 3 Farb- und 4 s/w-Abbildungen, 2 Tabellen]
Die Symbiose zwischen Pilzen und Pflanzen ist weit verbreitet. Über 95 % der Landpflanzen leben in einer Mykorrhizasymbiose, und die Aufnahme von Mikronährstoffen, Phosphat und Stickstoff im Austausch gegen Photosyntheseprodukte bestimmt die Funktion der Wurzel. Für Waldbäume ist die Ektomykorrhiza, vorrangig mit Basidiomyceten, typisch. Die Signale, die dabei zwischen Wirt und Pilz ausgetauscht werden, sind immer besser verstanden. So können die Pilze – hier wurde der Bärtige Ritterling Tricholoma vaccinum in Symbiose mit der Fichte untersucht – Pflanzenhormone wie Indol-3-essigsäure produzieren und sie reagieren auch selbst auf diese Substanz. Gleichzeitig werden volatile Substanzen gebildet, die beide Partner beeinflussen.
Durch Genom-, Transkriptom-, Proteom-, Volatilom- und Sekretomstudien konnten unterschiedliche Substanzklassen mit Wirkung auf die Etablierung der Mykorrhiza identifiziert werden. Eine der Proteinfamilien, die an der Mykorrhizierung beteiligt ist, sind die Hydrophobine. Weiterhin werden Signalmoleküle von anderen Pilzen oder Bakterien in der Umgebung der Mykorrhiza beschrieben, die die Ausbildung der Symbiose beeinflussen können. So werden strigolactonähnliche Verbindungen aus der innerartlichen Kommunikation von Zygomyceten im Waldboden genutzt, um die Freisetzung des Pflanzenhormons Indolessigsäure durch den Pilz zu regulieren. Ein größeres Bild der Mykorrhizasymbiose im Waldboden kann so zusammenfassend erstellt werden.
Martin PARNISKE und Martina RIED:
Wahrnehmung und Interpretation symbiontischer Signale durch Pflanzen und ihre bakteriellen Partner
[Seite 105-116, 3 Farb- und 2 s/w-Abbildungen, 1 Tabelle]
Symbiosen zwischen Pflanzenwurzeln und Mikroorganismen können dazu beitragen, den Bedarf an Düngemitteln in der Landwirtschaft zu reduzieren. So können die meisten Kulturpflanzen die arbuskuläre Mykorrhizasymbiose (AM-Symbiose) mit Pilzen eingehen, durch welche Phosphat effizienter aufgenommen wird. In einer zweiten Symbiose, der Wurzelknöllchensymbiose, nehmen Leguminosen (Schmetterlingsblütler) wie Erbsen, Klee und Sojabohnen Rhizobien, spezielle Bakterien, die Stickstoff aus der Luft in Ammonium umwandeln können, in ihre Zellen auf. Interessanterweise nehmen die Pflanzenwurzeln Rhizobien und AM-Pilze über sehr ähnliche Signalmoleküle, nämlich teilweise modifizierte N-Acetylglucosamin-Tetra- oder -Pentamere wahr, obwohl sich die daraus resultierenden Entwicklungsprozesse stark unterscheiden. Auch bei der Erkennung von pathogenen Mikroorganismen spielen N-Acetylglucosamin-tragende Signale eine Rolle; Pilze können über Chitin- und Bakterien über Peptidoglykanfragmente aus ihrer Zellwand erkannt werden.
Trotz des intrinsisch nachhaltigen Potenzials der Wurzelknöllchensymbiose hat zu viel des Guten allerdings zu globalen Problemen geführt: Der mit der Zerstörung natürlicher Ökosysteme verbundene großflächige Sojaanbau v.a. in Südamerika bildet die Grundlage für die Fleischproduktion in Europa. Der mit dem Sojaimport verbundene Stickstoffeintrag und die mit der Tierhaltung verbundene Methanproduktion bringen bedrohliche ökologische und klimatische Konsequenzen mit sich. Deshalb ist eine deutliche Reduktion des Fleischkonsums dringend geboten.
Kirsten JUNG:
Die Kommunikation von Bakterien
[Seite 117-128, 5 Farb- und 2 s/w-Abbildungen]
Lange Zeit ging man davon aus, dass Bakterien als isolierte, einzellige Organismen leben, deren einzige Aufgabe darin besteht, sich zu vermehren. Heute weiß man, dass Bakterien innerhalb der eigenen Art, zwischen verschiedenen Arten, aber auch mit Eukaryoten kommunizieren können.
Die Sprache der Bakterien ist eine chemische, das heißt, sie basiert praktisch immer auf der Produktion und Wahrnehmung von niedermolekularen Signalmolekülen. Die chemische Struktur dieser Moleküle ist äußerst variabel und reicht von der weit verbreiteten Gruppe der N-Acyl-l-homoserinlactone über kurze Peptide bis hin zu Fettsäuren. Die Kommunikation zwischen Bakterien ist an der Regulierung einer Vielzahl sehr verschiedener Phänomene beteiligt, z.B. der Bildung von Biofilmen oder der Produktion von Virulenzfaktoren und extrazellulären hydrolytischen Enzymen. Darüber hinaus kann durch die Kommunikation mit Signalmolekülen auch eine einfache Form der Arbeitsteilung bei Bakterien erreicht werden, was zu einer phänotypischen Heterogenität, also einem individuellen Verhalten der genetisch identischen Individuen innerhalb einer Population führt. Jüngste Studien belegen, dass verschiedenste Signalmoleküle von Bakterien ausgesendet und von eukaryotischen Organismen inklusive des Menschen empfangen werden und dabei unter anderem das Immunsystem beeinflussen.
Die Chemische Ökologie entstand als eigenständige interdisziplinäre Forschungsrichtung vor etwa drei Jahrzehnten. Sie studiert die Funktion von Molekülen biologischen Ursprungs, welche die intra- und interspezifischen Wechselwirkungen zwischen Organismen kontrollieren. Alle Organismen benutzen in irgendeiner Weise Moleküle als Signale, um Information auszutauschen. Diese »chemischen Sprachen« sind die älteste Form der Kommunikation.
Anhand von repräsentativen Systemen biologischer Interaktionen behandelt der vorliegende Tagungsband die Entstehung, die Verteilung, die Wirkungsmechanismen und schließlich die daraus resultierenden Wirkungen von »chemischen Sprachen« auf das Verhalten und die Ökologie ausgewählter Organismen. Damit wird eine besonders schnell fortschreitende Teildisziplin der Ökologie vorgestellt, die in den letzten Jahren höchst überraschende und bahnbrechende Ergebnisse geliefert hat. Bei der Zusammenstellung des Tagungsprogramms haben wir uns bemüht, zum einen auf die Vielfalt der Lebewesen einzugehen – so handeln die einzelnen Kapitel in dem Buch von Höheren Pflanzen, Algen, Insekten, Schwämmen, Pilzen und Bakterien –, zum anderen die Vielfalt der Interaktionen anzusprechen, die durch chemische Stoffe vermittelt werden, vom symbiontischen Zusammenleben bis hin zur komplexen Abwehr von Fraßfeinden, und zum dritten wichtige Methoden vorzustellen, die heute in der Chemischen Ökologie eine Rolle spielen.
Wir danken allen, die zum Gelingen des Buches beigetragen haben, allen voran den Referentinnen und Referenten des Rundgesprächs für ihre Vorträge und die anschließende Ausarbeitung der schriftlichen Beiträge sowie der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Forums Ökologie, Frau Claudia Deigele, für die Erstellung der Transkripte und die umfangreichen redaktionellen Arbeiten und Herrn Hubert Hilpert, der den Band im Verlag Dr. Friedrich Pfeil fachkundig betreut hat.
München, im November 2016
Susanne Renner (Vorsitzende des Forums Ökologie)
Markus Riederer (Organisator des Rundgesprächs)
Vortragende (*) und Diskussionsteilnehmer
Bresinsky, Andreas, Prof. em. Dr., Universität Regensburg, Institut für Botanik
Fleischmann, Andreas, Dr., Botanische Staatssammlung München
Grill, Erwin, Prof. Dr., Technische Universität München, Lehrstuhl für Botanik, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Freising
Gschlößl, Tanja, Prof. Dr., Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Referat Klimapolitik, Klimaforschung, München
Hartmann, Anton, Prof. Dr., Helmholtz-Zentrum München, Abteilung Mikroben-Pflanzen Interaktionen, Neuherberg
Heinze, Jürgen, Prof. Dr., Universität Regensburg, Lehrstuhl für Zoologie / Evolutionsbiologie, Regensburg
*Hentschel Humeida, Ute, Prof. Dr., GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Marine Mikrobiologie, Kiel
Herm, Dietrich, Prof. em. Dr., Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie, München
*Hildebrandt, Ulrich, Dr., Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Botanik II, Julius-Sachs-Institut für Biowissenschaften, Würzburg
*Hilker, Monika, Prof. Dr., Freie Universität Berlin, Institut für Biologie, Angewandte Zoologie/ Ökologie der Tiere, Berlin
Hoppe, Brigitte, Prof. i.R. Dr., an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Geschichte der Naturwissenschaften, München
*Jung, Kirsten, Prof. Dr., Ludwig-Maximilians-Universität München, Fakultät für Biologie, Mikrobiologie, Martinsried
*Kothe, Erika, Prof. Dr., Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Mikrobiologie, Jena
Matern, Mine, Prof. Dr., München
*Mithöfer, Axel, Priv.-Doz. Dr., Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie, Abteilung Bioorganische Chemie, Beutenberg Campus, Jena
*Müller, Caroline, Prof. Dr., Universität Bielefeld, Lehrstuhl für Chemische Ökologie, Bielefeld
Müller, Michael, Prof. Dr., Technische Universität Dresden, Professur für Waldschutz, Tharandt
*Parniske, Martin, Prof. Dr., Ludwig-Maximilians-Universität München, Fakultät für Biologie, Genetik, Martinsried
Renner, Susanne, Prof. Dr., Ludwig-Maximilians-Universität München, Systematische Botanik und Mykologie, München
*Riederer, Markus, Prof. Dr., Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Botanik II, Julius-Sachs-Institut für Biowissenschaften, Würzburg
*Ruther, Joachim, Prof. Dr., Universität Regensburg, Institut für Zoologie, Regensburg
Schmitt, Thomas, Prof. Dr., Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie, Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften, Biozentrum Am Hubland, Würzburg
Steglich, Wolfgang, Prof. em. Dr. Dr. h.c., Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Organische Chemie, München
Stetter, Karl O., Prof. i.R. Dr., Universität Regensburg, Lehrstuhl für Mikrobiologie, München
*Wichard, Thomas, Dr., Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Anorganische und Analytische Chemie, Jena School für Microbial Communication, Jena
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