Die Scherfestigkeit nimmt unter den Gesteinskennwerten eine zentrale Stellung ein, da sie für alle Stabilitätsprobleme die maßgebende Größe ist. Gerade für erdstatische Berechnungen ist die Kenntnis der korrekten Scherfestigkeit unumgänglich. Die Bestimmung der Scherfestigkeit ist in den gültigen Normen für veränderlich feste Gesteine nicht speziell geregelt. Untersuchungen mit nicht angepassten Versuchsbedingungen können jedoch Gesteinskennwerte ergeben, die das untersuchte Gestein nur unzureichend oder falsch repräsentieren. Durch unzureichend ermittelte Gesteinseigenschaften kann es z.B. bei der Durchführung von Baumaßnahmen zu deutlichen Zeit- und Kostensteigerungen kommen.
In der vorliegenden Arbeit wurde ermittelt, welche Rahmenbedingungen bei der Durchführung von aussagekräftigen direkten Scherversuchen an veränderlich festen Gesteinen zu berücksichtigen sind. Dazu wurde an verschieden stark verwitterten Gesteinsproben aus der Amaltheenton- und der Eibrunn-Formation eine große Anzahl von Scherversuchen durchgeführt. Um Aussagen auf der Grundlage einer größeren Versuchsanzahl treffen zu können, wurden neben den selbst durchgeführten Versuchen auch vorhandene Ergebnisse aus der Literatur und der Gesteinsdatenbank des Landesamtes für Umwelt mit herangezogen. Die Recherche hat gezeigt, dass für die Opalinuston-Formation einige verwendbare Daten vorhanden waren.
Einen großen Teil der Arbeit nimmt die Bearbeitung von drei bisher unerkannten, bzw. in Vergessenheit geratenen Hangbewegungen ein. In diesen Fallbeispielen kommen ein Teil der ermittelten Gesteinskennwerte sowie weitere im Zuge der Arbeit gewonnene Erkenntnisse zum Einsatz.
Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit sind:
Empfehlungen für die Durchführung von aussagekräftigen Scherversuchen an veränderlich festen Gesteinen
Mit Hilfe der selbst durchgeführten und gesammelten Scherversuche konnten Mindestanforderungen an die Durchführung von direkten Scherversuchen an pelitischen, veränderlich festen Gesteinen aufgestellt werden. Je nach Verwitterungsgrad hat die Wahl der Versuchsbedingungen erheblichen Einfluss auf die Versuchsergebnisse. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die Vorbehandlung des Probenmaterials sowie die Größe des Prüfkörpers.
Die erarbeiteten Anforderungen an die Versuchsdurchführung lassen sich nicht pauschal auf alle veränderlich festen Gesteine übertragen. Ein »Patent-Rezept«, das eine gründliche Auseinandersetzung mit dem zu untersuchenden Gestein im Vorfeld der Scherfestigkeitsbestimmung ersetzt, kann nicht gegeben werden.
Bestätigung der von Nickmann (2009) abgeschätzten Reibungswinkel
Nickmann (2009) teilt veränderlich feste Gesteine je nach ihrem Verhalten bezüglich Befeuchtung und Trocknung in sechs Veränderlichkeitsklassen ein. In der genannten Arbeit wurden für sedimentäre veränderlich feste Gesteine die Reibungswinkel bei verschiedenen Verwitterungsgraden abgeschätzt. Durch die Auswertung der in der Literatur recherchierten Reibungswinkel der Opalinuston-Formation konnte die von Nickmann für die Veränderlichkeitsklasse VK 3 und VK 4 prognostizierte Entwicklung für Ton-Schluff-Steine bestätigt werden.
Rutschanfälligkeit von Mergeln der Eibrunn-Formation
In der existierenden Literatur sind die oberflächlich anstehenden Mergel der Eibrunn-Formation generell als sehr rutschanfällig beschrieben. Abweichend davon kann in der vorliegenden Arbeit aufgezeigt werden, dass hinsichtlich der Verwitterung und der Rutschempfindlichkeit zwei Ausbildungen der Mergel zu unterscheiden sind.
Mergel der Eibrunn-Formation, die im Verlauf der quartären Erosion an die Oberfläche gekommen sind, sind nur schwach verwittert und nicht besonders rutschanfällig. Sehr rutschanfällig sind hingegen Mergel der Eibrunn-Formation, die bereits im Tertiär nahe der Landoberfläche lagen, und dadurch über mehrere Millionen Jahre länger der Verwitterung ausgesetzt waren und daher komplett verwitterten und entkalkten.
Die Tonfraktion der Mergel der Eibrunn-Formation besitzt primär einen sehr hohen Gehalt an Smektiten. Durch die tertiäre Entkalkung kommt es zu einer weiteren Anreicherung. Durch die tertiäre Verwitterung können die »Mergel« der Eibrunn-Formation als bentonitische Tone vorliegen, die thixotrope Eigenschaften besitzen. Es wurden Smektitgehalte von bis zu 68 % nachgewiesen.
Mehrphasige Hangbewegung zum Ende der Würmeiszeit
In der vorliegenden Arbeit wird eine bisher unerkannte Hangbewegung ca. 7 km östlich von Kelheim behandelt. Die Rutschmasse der mehrphasig abgegangenen Hangbewegung, an der auch die Mergel der Eibrunn-Formation beteiligt waren, besitzt eine Gesamtkubatur von etwa 2 Millionen m³. Durch eigene Geländebeobachtungen und durch die Interpretation einer detaillierten Aufschlussbeschreibung aus dem Jahr 1892 konnte das Ereignis datiert und der Ablauf der Hangbewegung rekonstruiert werden. Die neuen Erkenntnisse sind insbesondere kulturgeologisch interessant. Durch die Hangbewegung kann erklärt werden, warum von den Römern gerade an diesem Standort ein ausgedehntes Steinbruchareal angelegt wurde, obwohl sich der Bereich nördlich der Donau, also außerhalb der römischen Grenzen befand. Die Römer legten den Steinbruch gezielt hier an, weil sie die bereits aufgelockerten Rutschmassen mit erheblich geringerem Arbeitsaufwand als das anstehende Gestein abbauen konnten. Auch nach der Römerzeit blieb der Steinbruch in Betrieb. Mit Unterbrechungen herrschte im Bereich der Hangbewegung über 1800 Jahre Steinbruchbetrieb.
Hangbewegung des Typs »Driften« aus dem Jahr 1831
Eine weitere Hangbewegung ist im Jahr 1831 direkt oberhalb des eben genannten historischen Steinbruches abgegangen. Da das Steinbruchareal durch die Rutschmasse z.T. verschüttet wurde, musste der Steinbruchbetrieb einige Jahrzehnte eingestellt werden. Obwohl bereits im Jahr 1838 eine kurze aber fundierte Beschreibung des Ereignisses veröffentlicht wurde, ist die Hangbewegung bis heute so gut wie vollständig in Vergessenheit geraten und wurde erst im Zuge dieser Arbeit wiedererkannt. Auf der Grundlage einer geologischen Geländeaufnahme, einem Bohrprogramm, einer historischen Recherche sowie den Ergebnissen der Laborversuche wurden Standsicherheitsberechnungen durchgeführt. Somit konnten die im Labor ermittelten Scherfestigkeiten der Mergel der Eibrunn-Formation auf Plausibilität überprüft werden. Bei der Hangbewegung handelt es sich um ein Paradebeispiel des Rutschungstyps Driften, bei der die thixotropen Eigenschaften der verwitterten Mergel der Eibrunn-Formation zu Tragen kamen.
Fossiler prä-obermiozäner Talzuschub
1993/94 wurde im Raum Bad Abbach ein rund 600 m langer Tunnel durch einen aus Jura- und Kreidegesteinen aufgebauten Höhenrücken erstellt. Auf der Grundlage des baugeologischen Abschlussberichtes, der aufgenommenen Ortsbrustbilder und den in dieser Arbeit gewonnenen neuen Erkenntnissen bezüglich der Verwitterung der Mergel der Eibrunn-Formation kann aufgezeigt werden, dass der Tunnel über große Strecken genau entlang der basalen Gleitfuge eines bisher unerkannten prä-obermiozänen Talzuschubes verläuft.
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