Der Aufbau und die Entwicklung des niederbayerischen Bäderdreiecks hat in den vergangenen Jahrzehnten regional bedeutsame wirtschaftliche Impulse in einem allgemein als strukturschwach beurteilten ländlichen Raum gesetzt. Mit der Kurortentwicklung verbunden sind zahlreiche demographische Veränderungen, die wiederum ihrerseits Folgeerscheinungen im wirtschaftlichen und sozialen Leben der drei Heilbäder bewirken. Die bevölkerungsgeographische Seite der Heilbadentwicklung hat diese Studie versucht zu beleuchten.
In allen drei Gemeinden – Bad Birnbach, Griesbach und Bad Füssing – hat die Entwicklung zum anerkannten Kurort eine negative Bevölkerungsentwicklung gestoppt und den Orten ein zum Teil beträchtliches Einwohnerwachstum durch Zuwanderung beschert. Die Folgen sind jedoch nicht in jedem Fall positiv zu bewerten. Seit Eröffnung des Kurbetriebs hat in den drei Gemeinden des niederbayerischen Bäderdreiecks die Mobilität der betroffenen Bevölkerung enorm zugenommen und es haben sich durch die Selektivität dieser Mobilität zum Teil erhebliche Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur von Bad Birnbach, Griesbach und Bad Füssing ergeben. Spezifische Arbeitplatzwanderungen junger Menschen und die Suche älterer Menschen nach einem Altersruhesitz wirken sich prägend auf den Bevölkerungsaufbau und im Erscheinungsbild der Orte aus. Dabei gilt es zwischen den drei Gemeinden zu differenzieren. Während sich in den ganz jungen Bädern Bad Birnbach und Griesbach der Bevölkerungsbestand mit jungen Arbeitskräften vorwiegend für den Hotelleriebetrieb und den medizinischen Bereich im letzten Untersuchungszeitraum aufzufüllen beginnt, ist in Bad Füssing mittlerweile eine gewisse Stagnation auf einem bestimmten Stand eingetreten – offenbar aufgrund einer Sättigung auf dem Arbeitsmarkt –, deren Population nunmehr einem ständigen Austausch unterliegt. Indessen hält die Zuwanderung älterer Menschen, die sich Bad Füssing als Altersruhesitz gewählt haben, unvermindert
an, wenn auch der Umfang der frühen siebziger Jahre nicht mehr erreicht wird. Auch bei den alten Menschen hat sich – allerdings aus gänzlich anderen Gründen – inzwischen ein Fortzugspotential gebildet.
Modifiziert wird dieses Erscheinungsbild ortsspezifisch durch die unterschiedlich dominanten Herkunftsgebiete der zuwandernden Personen. Überalterung und Überfremdung sind die bevölkerungsgeographischen Aspekte, bei denen sich zwischen den drei Kurorten ganz erhebliche Unterschiede haben feststellen lassen. Nicht zuletzt aufgrund des hohen Wanderungsumfanges und der zeitlichen Dauer des nicht mehr neuen Prozesses hat sich Bad Füssing inzwischen zu einer Rentnerstadt entwickelt, für die eine extreme Überalterung der Wohnbevölkerung kennzeichnend ist. In den beiden jungen Bädern Bad Birnbach und Griesbach spielt diese Erscheinung (noch) keine Rolle. Wohl aber ist allen drei Kurorten das Phänomen der Überfremdung durch zuziehende Personen gemeinsam, allerdings in abgestufter Form. Während Bad Birnbach sehr pauschal formuliert stark unter dem Einfluß der Region München steht, bilden in Griesbach die anderen bayerischen Verdichtungsräume die dominierenden Herkunftsgebiete. Bad Füssing dagegen bezieht seinen überwiegenden Teil des Bevölkerungsnachschubs aus dem westdeutschen Raum.
Mit dem Altersruhesitzphänomen in Kurorten ist untrennbarverbunden die Problematik des Zweitwohnsitz(un-)wesens, das in Bad Füssing zunehmend zu einer Belastung für die Gemeinde wird, wogegen Bad Birnbach und Griesbach mit diesem Phänomen noch nicht konfrontiert sind. Mehrstöckige Häuser, ja fast ganze Straßenzüge sind in bestimmten Ortsteilen von Bad Füssing-Safferstetten in Händen von Personen, die ihren ersten Wohnsitz in anderen Städten und Gemeinden des Bundesgebiets haben. So kommt es, daß ein beträchtlicher Prozentsatz Füssinger Wohnungen die meiste Zeit (zumindest offiziell) ungenutzt bleibt, während die Nachfrage nach Wohnraum trotz enormer Bautätigkeit unvermindert hoch ist und die Bodenpreise Großstadtniveau erreicht haben.
Ganz offensichtlich scheint sich das planerische Konzept, das den Heilbadentwicklungen von Bad Birnbach und Griesbach zugrundeliegt, auch alles in allem positiv auf die bevölkerungsgeographischen Strukturen auszuwirken, während man in dem »ältesten« der Kurorte, in Bad Füssing, erst seit etwa einem Jahrzehnt bemüht ist, die demographischen Folgen einer ungelenkten, stürmischen Aufbauphase und einer heute nicht mehrzeitgemäßen frühen Konzeption einer autogerechten Kurstadt in den Griff zu bekommen.
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